12. Januar 2022
Kultur

Um alles in der Welt – Lessingtage 2022

Vom 20. Januar bis zum 6. Februar finden die Lessingtage am Thalia Theater statt. Das Festival feiert in diesem Jahr das Leben selbst. Eine unmöglich Aufgabe und ihre Umsetzung.

Drei Schauspieler vor einer Wand. Es ist dunkel.

Szene aus "Der schwarzee Mönch"; Foto: Ira Polyarnaya

Eine Zeit der Einsamkeit gehe zu Ende, schreibt das Thalia Theater auf seiner Website. Eine Zeit der Einschränkungen und der „Endlichkeit“. Denn die Lessingtage am Thalia Theater werden ein Gegenprogramm zur Pandemie. „Celebration of Life“, so das Motto des Kultur-Festivals, soll dem „jetzt so wichtigen und drängendem Bedürfnis der Freude am Leben Ausdruck verleihen.“ Die Kunst will das Leben feiern, so heißt es im Programm. Das „Leben“ ist ein ganz schön weites Feld. Ein kaum fassbares Thema. Das Thalia ist sich dessen bewusst. Das Spitzenthetaer hat aber auch eine Lösung für die unmögliche Aufgabe.

Das Programm – Eine Auswahl

Den Auftakt macht Kirill Serebrennikov und das gleich mit drei völlig verschiedenen Produktionen: Am Beginn steht das Stück „Der schwarze Mönch“, die Uraufführung eines Tschechow-Textes. Hier geht es um den Versuch des Menschen, seine Lebenslust zu stillen. Eine weitere Produktion Serebrennikovs ist „Barocco“, ein Gastspiel des Gogol Centers. Hier mixt der Regisseur Barockmusik und politischen Protest. Das Trio vervollständigt der Kinofilm „Leto“. Die Festivalrede hält Nino Haratischwili, eine der aktuell unerschrockendsten Stimmen der deutschsprachigen Literatur.

Die Lessingtage widmen sich dem ganzen Spektrum des Lebens, dazu gehört auch der Tod. „Celebration of Life“ ist im englischen Sprachraum eine Bezeichnung für Trauerfeiern. So verstanden führt das Motto der Lessingtage zur verletzlichen Seite des Lebens. Greifbar wird dies in der Darstellung extremer Lebensentwürfe. Zumindest ist das die Idee: „Das Leben des Vernon Subutex 1“ führt seinen Protagonisten Joachim Meyerhoff in die Abgründe einer kaputten Gesellschaft. Es ist eine schmerzhafte Reise, die das Publikum mit dem Helden teilt.

Die Widersprüche in uns

Szene aus Doghnuts; Foto: Fabian Hammerl
Szene aus Doghnuts; Foto: Fabian Hammerl

Weiter geht es mit der dänischen Künstlerin Madame Nielsen. Sie widmet sich in „Die Welterlöserin“ den Widersprüchen, die das Leben mit sich bringt. So sagt ihre Titelhelding: „Sie weiß, dass sie keine Lebensmittel kaufen soll, die mit Flugzeugen hierher transportiert werden müssen, aber, ach, Avocado soll ja sooo gesund sein, und gerade sie braucht ja gesundes Fett!“, so die Welterlöserin. Weitere Themen sind das Verhältnis von Leben und Umwelt, Unsterblichkeit und ein Entwurf für das Leben nach der Pandemie. Letzteres inszeniert Toshiki Okada in „Doughnuts“. Der japanische Künstler eröffnet das Festival mit seiner ersten Produktion am Thalia Theater in der Gaußstraße.

Natürlich ist das Leben noch viel facettenreicher und so zeigt sich auch das Festival wesentlich vielfältiger: Hier finden Sie das ganze Programm der Lessingtage.

Die Herkulesaufgabe

Performance, Film, Theater, Tanz, das sind die physischen Momente, die Kanäle. Religion und Politik sind die Reizthemen, die immerwährenden. Drumherum stricken sich die Befindlichkeiten, die Ahnung des Todes, sozialer Auf- und Abstieg. Das alles in einem wenige Tage dauernden Kulturmarathon unterzubringen ist gewagt. Aber es ist auch notwendig, so das Thalia. Denn es soll ein Befreiungsschlag werden und Schläge sind selten sanft. Die Kunst kämpft sich zurück zur Bühne und ins Leben: Noch einmal leiden und dann losleben, könnte man genauso gut sagen.

Lessingpreis und Stipendium

Der diesjährige Preisträger Uwe Timm; Foto: Gunter Glücklich
Der diesjährige Preisträger Uwe Timm; Foto: Gunter Glücklich

Im vergangenen Jahr fanden die Lessingtage online statt. In diesem Jahr will man unter den aktuell geltenden 2G-Plus Regeln den Besuch ermöglichen. Die Lessingtage finden seit 2010 statt. Sie gelten als eines der renomiertesten Kulturfestivals im Land. Jährlich werden unter einem Leitthema internationale Produktionen gezeigt. Und alle vier Jahre gehört auch die Vergabe des Lessingpreises zum Festival.

Die Stipendiatin: Comiczeichnerin Birgit Weyhe; Foto: Sabine Reinecke;
Die Stipendiatin: Comiczeichnerin Birgit Weyhe; Foto: Sabine Reinecke;

In diesem jahr ist es wieder soweit. Der Preis geht an den Schriftsteller Uwe Timm. Ebenfalls vergeben wird das mit 10.000 Euro dotierte Lessingstipendium geht diesmal an die Hamburger Comic-Zeichnerin Birgit Weyhe.

 

 

 

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