11. Juni 2025
Magazin-Tipp

Mensch des Monats: Kulturvermittlerin Zarina Schloh

Zarina Schloh leitet seit 2018 den Verein Copernicus, der hauptsächlich Studierende aus Südosteuropa und Zentralasien unterstützt. Das Stipendiatenprogramm hat ihr Leben verändert.

Zarina Schloh arbeitet für das Stipendienprogramm Copernicus. Sie selbst kam über ein solches Stipendium nach Deutschland. Es hat ihr Leben verändert.

Zarina Schloh arbeitet für das Stipendienprogramm Copernicus. Sie selbst kam über ein solches Stipendium nach Deutschland. Es hat ihr Leben verändert.

Wir treffen Zarina Schloh in ihrem Vereinsbüro in Winterhude, später werden wir die Ordner und Broschüren verlassen, um durchs Uni-Viertel zu gehen, das der jungen Frau so ans Herz gewachsen ist. Sie sprüht vor Enthusiasmus. Fragen zu ihrer Person beantwortet Schloh mit einer sanften Überleitung zu dem Verein, dem sie vorsteht und der eng mit ihrer Biografie verknüpft ist: Die junge Mutter begann in ihrer früheren Heimat Kasachstan ein BWL-Studium. Auf der Suche nach einem Auslands-Stipendium stieß sie im Internet auf den Hamburger Verein Copernicus. Diese schlichte Googlesuche sollte ihr Leben gravierend verändern.

„Es war das, was einem Zuhause am nächsten kommen kann.“

Die Akademikerin kam im Wintersemester 2013/14 nach Hamburg. Über diese Zeit sagt sie: „Meine Gastfamilie, zu der ich auch heute noch einen guten Kontakt habe, nahm mich sehr herzlich auf. Es war das, was einem Zuhause am nächsten kommen kann.“

Die lustigen Wendungen der Völkerverständigung

Durch ihre Gastfamilie lernte sie die deutsche Kultur unmittelbar kennen, mit bisweilen lustigen Wendungen. Schloh erinnert sich schmunzelnd: „Ich kannte zu Beginn natürlich die ‚Feinheiten des Umgangs‘ nicht. Meine Gastmutter bot mir einen Tee an und ich lehnte ab, weil es in Kasachstan unhöflich ist, gleich ja zu sagen. Man wird mehrfach aufgefordert. Meine Gastmutter sagte aber schlicht: ‚o.k‘ und ging. Ich blieb in der Küche zurück und dachte nur, ‘aber ich will doch einen Tee …“
Für sie ist dieses Erlebnis eines von vielen Beispielen dafür, wie schön und niedrigschwellig Völkerverständigung sein kann.
Nach einem halben Jahr endete das Stipendium und Zarina Schloh ging für ein Semester an die Uni Frankfurt a. M. „Aber ich vermisste Hamburg und ging schnellstmöglich zurück. Dann nahm ich wieder Kontakt mit Copernicus auf.“

Was die Studierenden aus den krisengeschüttelten Ländern am nötigsten brauchen

Seit 2018 ist sie Vorsitzende des Vereins – eine Mammutaufgabe: Gemeinsam mit einer Kommission kümmert sich Schloh um die Auswahl der Kandidaten und die Bewerbungsgespräche. Auch die Kennenlerngespräche mit potenziellen Gastfamilien übernimmt die Ehrenamtliche. Als ehemalige Stipendiatin hat sie einen besonders einfühlsamen Blick für die Bedürfnisse der künftigen Gäste – eine Notwendigkeit, gerade bei Studierenden aus einem krisengeschüttelten Land. Die eigentliche Schwierigkeit sei jedoch, die Stipendiaten überhaupt unterzubringen. „Wir könnten sehr viel mehr Studierende unterstützen, wenn wir mehr Gastfamilien hätten“, betont sie.

„Was mir am meisten an Copernicus bedeutet …“

Zarina Schloh: „Corona war ein großer Einschnitt. Seitdem fehlen uns Gastfamilien. Mit ihnen steht und fällt alles.“

Die Stipendiaten selbst müssen sich vor Ort im Verein einbringen, mit Vorträgen und Länderabenden. Hier stellen sie einen Teil ihrer Heimat vor – etwa die Geschichte oder die Tier- und Pflanzenwelt. So wächst ein gegenseitiges Verständnis heran. Auf diese Art hat sich bereits ein Netz aus 400 Alumni gebildet, die einen meist regen Austausch mit ihren ehemaligen Gastfamilien und dem Verein halten. „Das ist es, was mir an Copernicus am meisten bedeutet: Dieses familiäre Geflecht, in dem wir voneinander lernen“, sagt unser Mensch des Monats strahlend.

„Ich habe viel Glück“

Sie spricht weiter von ihren Aufgaben: das Aufsetzen von Verträgen und die Kommunikation mit Förderern. Aus deren Hilfe finanzieren sich Visa-, Reise- und Anmeldekosten, ein Kostgeld für die Gastfamilien sowie ein Taschengeld und Hamburger Kulturpässe für die Stipendiaten. Das Ziel ist Teilhabe – die Gäste sollen Hamburg für sich entdecken können.
Das Gespräch endet. Zarina Schloh, die seit einiger Zeit die deutsche Staatsbürgerschaft hat, eilt gleich zu ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter. Morgen geht es wieder zu ihrem Job bei Beiersdorf. Sie kümmert sich weiter um die Vereinsfinanzen, organisiert die nächste Mitgliederversammlung, sucht für Copernicus einen Steuerprofi, stempelt Verträge, siebt Bewerbungen und sucht Gastfamilien. Zum Abschied sagt sie: „Ich habe viel Glück.“

Zur Sache: Copernicus

Seit 1992 bietet das Copernicus-Stipendienprogramm Studierenden aus Ost-, Mittel- und Südosteuropa, Zentralasien sowie Nordafrika die Gelegenheit, wertvolle internationale Erfahrungen zu sammeln. Sie können den Verein Copernicus durch eine Spende, eine Mitgliedschaft oder als Gastfamilie unterstützen.
Weitere Informationen hierzu finden Sie online. Fragen zum Thema „Gastfamilie“ können Sie auch unter
Telefon 0176/24 76 26 93 stellen.

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