Ein Weihnachtsmann schwebt im Schlitten vom Dach und landet elegant auf dem Vorplatz. Naja, nicht ganz, kurz bleibt er an einem Busch hängen, aber sofort eilen Super Mario und Luigi, Batman, Superman, Spiderman und Tinkerbell zur Hilfe und befreien den Schlitten. Kurz darauf „hängen“ die Superhelden an der Wand zum Innenhof und albern herum. Klingt wie eine Kreuzung aus Avengers und Weihnachtsfilm? Ist aber eine Aktion der Höhenretter aus Barmbek. Einmal im Jahr – dieses Jahr war es der 6. Dezember – schlüpfen die Feuerwehrleute in Superhelden-Kostüme, um etwas Freude und Sorglosigkeit in die Kinderklinik am UKE zu bringen.
Freude trotz Besuchsverbot – bundesweit
Die Idee entstand während der Pandemie: „Es durfte kein Besuch ins Krankenhaus, die Kinder waren also in der Weihnachtszeit ständig alleine. Da haben wir uns überlegt, was wir machen können, um ihnen eine Freude zu bereiten“, erzählt Stefan del Fiol, der schon zum dritten Mal als Weihnachtsmann unterwegs ist.
Die Idee selbst ist nicht komplett neu: „Besonders in Amerika gibt es das in Kaufhäusern und ähnlichem oft, das haben wir uns angeguckt und beschlossen, das können wir auch“, ergänzt sein Kollege Mario Pipka. Er ist diesmal als Luigi unterwegs – für Super Mario fehlte scheinbar der Schnurrbart.
Zum insgesamt dritten Mal findet diese Aktion statt und dieses Mal ist sie noch größer als in den Jahren zuvor: „Wir haben einen bundesweiten Aufruf gestartet, um möglichst viele Feuerwachen zu ähnlichen Aktionen zu motivieren“, verrät Carsten Tensdahl. Er ist klassisch als Feuerwehrmann unterwegs und koordiniert und sichert die Kolleginnen und Kollegen. Und auch ein Feuerwehrmann ist für viele Kinder ein Superheld. Die Aktion wurde bundesweit angenommen. Über 50 Höhenrettungstruppen aus ganz Deutschland haben sich beteiligt und die Kinderkrankenhäuser in ihrer Umgebung bespaßt.
Auch Superhelden planen
Nur eineinhalb Monate hatte es vor zwei Jahren gedauert, von der ersten Idee bis zur Umsetzung. „Wir mussten uns die Örtlichkeiten anschauen. Was ist möglich, wo kann man sich am besten abseilen, was sind Schwierigkeiten?“, erzählt Mario Pipka. Und alles musste organisiert werden, auch die Kostüme. „Wir haben kein Budget für die Aktion, umso glücklicher sind wir, dass der Kostümverleih Hamburg uns die Kostüme kostenlos zur Verfügung stellt“, sagt Carsten Tensdahl. Aber auch da muss überlegt werden: Welche Kostüme eignen sich? Schließlich soll sich nichts im Seil verfangen – denn die Aktion soll Spaß bringen, ganz ungefährlich ist es aber natürlich nicht. Und frieren will auch niemand.
Doch welche Helden haben Kinder momentan? Diese Frage ist leicht beantwortet: „Wir sind hier viele junge Väter und kennen uns auch mit Elsa und Paw Patrol aus“, so Carsten Tensdahl lachend. „Wir sind alle froh, dass unsere Kinder gesund zu Hause sind. Da ist es umso schöner, den Kindern, die das Glück nicht haben, eine Freude bereiten zu können.“ „Und nicht nur den Kindern: Eltern und Pflegepersonal freuen sich auch immer total“, sagt Mario Pipka. Das ist kaum zu übersehen. Im Innenhof werden die Superhelden von einer großen Menschentraube in Empfang genommen, aus vielen Fenstern gucken Köpfe raus, es wird fleißig gefilmt und geklatscht.
Superhelden in der Freizeit
Und genau das ist auch die Motivation der Truppe: „Das schönste ist, wenn die Kinder wirklich mit einem rumalbern und ihre Hände ans Fenster legen und wir unsere von außen dagegen legen können“, erzählt Stefan del Fiol. „Und ganz oft bedanken sich die Eltern, dass die Kinder endlich mal wieder gelacht hätten, das rührt einen immer wieder.“
Dafür opfern die Feuerwehrmänner auch gerne ihre Freizeit. Um acht Uhr ging es los für die Höhenretter. Schließlich muss alles aufgebaut werden. Die Seile werden gelegt und festgezurrt. „Eins, zwei, zieh!“, tönt es von rechts, wo der Schlitten später starten soll. „Hat jemand den Sack vom Weihnachtsmann gesehen?“, ruft es von der Etage drunter. Unten wird der Schlitten schon befestigt, oben noch die Feuerwehrleute in Sicherheitsgurte gesteckt und Karabiner verlegt. „Alles ist fest!“, lautet dann die Aussage um kurz nach zehn.
Und dann kann es auch direkt losgehen: Luigi hilft noch kurz beim Einsteigen und reicht dem Weihnachtsmann die Mütze, dann schwebt er los. Wenig später seilt sich das erste Duo in den Innenhof ab. Und damit endet der offizielle Teil. Die Höhenretter bauen schnell um. Weiter geht es an der Fensterfront bei den Kindern auf der Intensivstation. Ohne Presse, ohne Zuschauer, aber mehrere Stunden. „Wir gucken in jedes Fenster rein und nehmen uns für jedes Kind Zeit, egal, wie lange das dauert“, sind sich alle einig.