Dort, wo Familie Timmermann früher Gemüse angebaute, sind heute 388 kleine, beziehungsweise 194 große Parzellen abgeteilt. Man kann sie für ein Jahr mieten. Die Beete werden zu rund zwei Dritteln von Timmermanns bestückt. 25 verschiedene Pflanzen-Arten kommen zum Einsatz: „Wir achten darauf, dass es widerstandsfähige Sorten sind, die auch gute Erträge bringen. Schließlich sollen die Menschen hier ordentlich ernten können“, erklärt Wilhelm Timmermann.
Hilfe, digital und analog
Auf dem Acker ist reger Betrieb. Es wird gehakt, gezupft, gepflanzt und das Fachsimpeln kommt auch nicht zu kurz. Wer weniger Ahnung hat, holt sich Rat beim Nachbarn oder den Timmermanns. Manche Hobby-Ackerbauern haben ein Smartphone in der Hand, aber nicht etwa, weil der Digital-Detox fehlschlägt, sondern weil sie eines der vielen selbstproduzierten Erklärvideos schauen, das Hannah Timmermann ins Netz gestellt hat. Dazu sagt die junge Landwirtin: „Nicht jedem ist der Gemüseanbau in die Wiege gelegt, muss es ja aber auch nicht. Wir erhalten immer mal wieder Fragen dazu, wann man am besten etwas pflanzt oder wie man dies und jenes macht. Da helfen wir gerne. Die Videos sind ein Teil davon. Kürzlich ging es etwa um das richtige Gießen.“
Die Idee reifte 20 Jahre lang
Die Familie freut sich, dass ihre Tigas so gut ankommt. Neu ist die Idee bei weitem nicht, erinnert sich Wilhelm Timmermann: „Schon vor 20 Jahren kam jemand auf mich zu und wollte für kleines Geld Ackerfläche mieten, um ein ähnliches Projekt zu realisieren. Damals habe ich abgewunken. Vor rund drei Jahren sagte dann meine Tochter: ‚Lass es uns zusammen versuchen‘. Da sagte ich mir, ja, wir schaffen das zusammen. Hannah kümmert sich zum Beispiel um die Onlinethemen. Meine Frau Agnes ist unter anderem für die Verwaltung zuständig und ich bin für das Thema Boden und Maschinen da.“
Der Griff zur Hake ist entscheidend
Die Saison geht (etwa) von Mai bis November. In dieser Zeit werden zwei Mal Jungpflanzen angeliefert, die die Mieterinnen und Mieter dann einpflanzen. Das Drittel Freifläche können die Kunden selbst bepflanzen, wie sie möchten. Saatgut und Pflanzen müssen lediglich Bio sein, so wie alles hier auf dem Acker. Das gilt auch für den hofeigenen Dünger. Der Acker wird für jede Saison von den Landwirten vorbereitet. Auch die Einsaat und das Setzen der „Grundbestückung“ übernehmen die Timmermanns. Danach heißt es, selbst zur Harke greifen.
„Die Mieterinnen und Mieter müssen sich selbst um die Beete kümmern. Das Haken ist das A und O, denn es sorgt unter anderem für weniger Verdunstung. Aber auch das Sammeln von Kartoffelkäfern, das Bewässern und so weiter. Und wir sehen, die Menschen gehen es mit großem Elan an. Manche gestalten ihre Beete sogar etwas aus“, sagt Hannah Timmermann. Kleine Balkone nennen das die Timmermanns. Das sind kleine Flächen an den Beeten, die eigentlich nicht zum Bepflanzen gedacht waren, aber nun aufgehübscht wurden, mit kleinen Steinumrandungen, Windrädchen und mehr.
Für die einen ein Kita-Beet, für die anderen der Zweitgarten
Nach zwei Jahren laufen die Gärten schon richtig gut. Sogar eine Kita-Gruppe aus Ottensen ist hier regelmäßig zugange. „Dafür, dass hier kleine Kinderfüße durch das Beet gehen, sieht es super aus. Wir haben die Wege hier etwas breiter gestaltet, sodass die Kinder etwas mehr Platz haben“, sagt Agnes Timmermann. Und warum kommen die Menschen auf den Acker? „Manche möchten ihren Kindern zeigen, wo die Lebensmittel herkommen. Andere flüchten vor der Stadt und finden hier Ruhe oder pflanzen in ihrem „Zweitgarten“ das, was im Ziergarten nicht infrage kommt“, so Agnes Timmermann.
So bunt die Hintergründe sind, so vielfältig ist das Publikum: Von der Kita, über ein paar WGs bis hin zu Menschen im Rentenalter, Anfänger, Hobbygärtner, Semi-Profis. In den Gärten ist erlaubt was gefällt – jeder ist frei, mit ein paar Ausnahmen. Zum Beispiel sind richtig gelegte Netze gegen den Kohlweißling eine ernste Sache. Denn legt der erst mal seine Eier am Kohl, ist so gesehen Saure-Gurkenzeit mit den Kohlsorten.
Per Leihrad zum Beet
Um zu den Beeten zu kommen, haben die Landwirte ein paar Leihräder auf ihrem Hof bereitgestellt. Auch die Werkzeuge und Gießkannen sind am Acker verfügbar. Man muss nichts mitbringen, außer den Dingen, die man selbst einbringen möchte.
Angebot wächst mit
Demnächst möchten Timmermanns ihr Projekt noch um ein paar Dinge bereichern: Vorträge zur Tier- und Pflanzenwelt in der Feldmark, also dem Gebiet der Tigärs, sollen durch fachkundige Menschen gehalten werden. So wird das Projekt noch runder, finden die Timmermanns. Anders als im früheren Betrieb, sagt Agnes Timmermann, erhalten Sie hier viel mehr zurück: „Der Kontakt ist viel direkter. Man reicht der Kundschaft nicht einfach ein Pfund Kartoffeln und das wars. Wir führen so viel schöne Gespräche und erhalten eine Menge positiver Rückmeldung. Das tut schon sehr gut.“ Wilhelm Timmermann fasst es so zusammen: „Es ist für alle ein Sommer fürs Gemüt.“