17. Juni 2022
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Was passiert, wenn etwas passiert? Hamburg und der Ernstfall

Hamburg bereitet sich laufend auf Katastrophen vor und hat dabei einigen Bundesländern etwas voraus. Wie der Katastrophenschutz in der Hansestadt aussieht, lesen Sie hier.

Übung im Katastrophenschutz. DRk übt den Ernstfall.

Das Deutsche Rote Kreuz übt den Ernstfall. // Foto: M. Zapf / Pressestelle DRK LV Hamburg

Wie bereitet man sich auf eine Katastrophe vor? Ein Beispiel ist das Anlegen von Notvorräten, wozu Bundesinnenministerin Nancy Faeser kürzlich geraten hat. Und schon geht die Angst um, was verständlich ist. Denn zum einen wissen viele nicht, warum sie das tun sollen oder was gute Notvorräte ausmacht. Andere fürchten sich, die Kosten nicht tragen zu können. Wenn sich solche Fragen schon im Kleinen stellen, was bedeutet es im Großen? Wie gut ist Hamburg vorbereitet? Die Antwort darauf bildet das Zusammenspiel von Bund und Land, Zivil- und Katastrophenschutz.

Zivil- und Katastrophenschutz

Eine Komponente des Bevölkerungsschutzes ist der Zivilschutz, den der Bund übernimmt. Hierzu gehören Schutzbauten wie Bunker und die Warnung der Bevölkerung. Daher ist die Frage nach funktionstüchtigen Bunkern letztlich Aufgabe des Bundes, egal wo in Deutschland ein Bunker  steht – auch wenn  Behörden vor Ort sie dann einsetzen oder die Wartung übernehmen. Die Hoheit über die Bundeswehr und das Technische Hilfswerk (THW) fallen ebenso in die Zuständigkeit des Bundes.

Der Katastrophenschutz in Hamburg wird  – in Friedenszeiten – von der Behörde für Inneres und Sport (BIS) koordiniert. Zu den Aufgaben zählt der Schutz bei Sturmfluten, Unwettern, Großschadensereignissen (der Massenanfall von Verletzten, etwa bei Zug­unglücken), unsichtbaren Gefahren und zivile Verteidigung. Zivile Verteidigung meint nicht etwa, dass die Behörde Ihnen ein Gewehr in die Hand drückt, sondern Sie bei „nicht-militärischen Schutzmaßnahmen“ zu unterstützen. Das kann zum Beispiel der Aufenthalt in einer Schutzeinrichtung sein. Unsichtbare Gefahren sind Gefahren durch Chemikalien, Strahlung oder auch Krankheitserreger.

 

Das Leben mit der Flutgefahr

Gerade im Bereich des Flutschutzes ist Hamburg durch seine Geschichte sehr gut vorbereitet. Das betrifft den Bereich der Alarmierung durch Sirenen, aber auch bestimmte technische Schutzmaßnahmen wie Deichmauern – zu sehen an den Landungsbrücken –, die Eindeichung um Wilhelmsburg oder Klapptore wie am Kippelsteg.

 

Im Ernstfall …

… richtet sich die BIS an die entsprechenden Institutionen im Zivil- und Katastrophenschutz. Anhand eines Alarmplans setzt sich dann eine riesige Maschinerie aus Helfern und Material in Gang. Die Bedeutung des Ehrenamts an dieser Stellen kann man wohl kaum hoch genug schätzen.

Im konkreten Fall, etwa bei Evakuierungen, werden Notunterkünfte eingerichtet. In Hamburg sind 45 Standorte fest dafür eingeplant. Meist sind es Schulen. Betroffene erhalten über ausgewählte

Medien oder auch Lautsprecherwagen und Polizeibeamte die Auskunft, wo eine Notunterkunft für sie bereitsteht. Dort folgen die Aufnahme und die Registrierung der Personen. Das ist nicht trivial: Das Vorgehen hilft später vielleicht, Angehörige wiederzufinden. Es dient aber auch dazu, die Menschen zu beruhigen. „Sie erhalten einen Tee, Kleidung, ein Bett, das Nötigste für den Anfang“, berichtet Thomas Tröbs vom Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Zur Registrierung gehört auch die Frage, ob bestimmte Medikamente benötigt werden. Die kann man aufgrund der Haltbarkeit nicht einlagern. Auch die Menge an Präparaten macht dies unmöglich. Im Bedarfsfall werden die Medikamente nachgeordert.

 

Hilfsgüter und Amtshilfe

Thomas Tröbs ist seit 38 Jahren Leiter der Logistik beim DRK Landesverband Hamburg und „Herr“ über das zweitgrößte Materiallager der Bundesrepublik im Katastrophenschutz, das sich in Eimsbüttel befindet. Das Lager ist für Einsätze im In- und Ausland gedacht. Auf 1.500 Quadratmetern lagert Material von der Zahnbürste über Kleidung und Windeln bis hin zu Decken und Verbandsmaterial. Es reicht, um 6.000 Menschen aus dem Stand zu versorgen. Hinzu kommen auf 1.000 Quadratmetern Geräte und Fahrzeuge. Hierzu zählen unter anderem Feldküchen und Nutzfahrzeuge. Zelte lagern hier ebenso ein. Darin können 1.200 Menschen unterkommen. Das Materiallager wird von einer Standortbereitschaft betreut. Im Einsatzfall wird das Personal binnen kürzester Zeit auf bis zu 50 Helferinnen und Helfer ausgeweitet, die nicht nur wissen, wo alles steht, sondern die auch alle Fahrzeuge fahren können, vom Gabelstapler bis zum 40-Tonner.

Wird weitere Hilfe benötigt, kann die Bundeswehr von der Behörde für Inneres um Amtshilfe gebeten werden – es ist ein Beispiel für die Zusammenarbeit von Bund und Ländern. Das ist jederzeit möglich, wie zum Beispiel während der Pandemie. Neben der Amtshilfe ist die Bundeswehr auch für die Koordination der „Durchfahrten“ da. Das meint die Sicherung von Wegen, etwa zum Transport von Hilfsgütern.

 

Was ist mit Bunkern?

Doch was würde das bei einem Luftangriff nützen? Hier wären Bunker hilfreich. In Hamburg existieren sechs Hochbunker. Unterirdisch finden sich (mindestens) weitere sechs. Nur, nutzen kann man diese für den ursprünglichen Zweck nicht mehr. Grund hierfür ist schnödes Geld.

Am Beispiel des ehemaligen Regierungsbunkers im Ahrtal lässt sich zeigen, wie kostenintensiv solche Schutzbauten sind. Etwa drei Milliarden D-Mark soll der Bau gekostet haben. Der Unterhalt ginge schon im Frieden in die Hunderttausende und das bei einer Schutzleistung für weniger als 1.000 Menschen. Die Dimensionen werden klar. Doch die Frage muss erlaubt sein: Was darf und was muss der Schutz wert sein? Das Bundesinnenministerium prüft derzeit die deutsche Bunkerlage.

 

Stadt, Land, Bezirk

Während der Bund davon spricht, das Deutschland im Krisenmanagement ausgezeichnet aufgestellt sei, zeigen Katastrophen wie die Flut im Ahrtal, wie schnell selbst ein hochentwickeltes Land schnell an seine Grenzen geraten kann – die Hilfe der Zivilbevölkerung ist wichtig, das ist deutlich geworden.

Es ist kaum möglich, alle Güter und Einsatzkräfte im ganzen Bundesgebiet ständig verfügbar zu halten. Daher würde, wenn in Hamburg beispielsweise die Kapazitäten erschöpft wären, rechtzeitig nachgeordert werden. Nachbarbundesländer oder andere Staaten würden dann helfen. Um einen solchen Fall zu orchestrieren wurde das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) eingerichtet.

 

Fazit

Hamburg hat den Vorteil eines Stadtstaates: Die Entscheidungswege zwischen Landes- und Bezirksebene sind kürzer, die Distanzen kleiner. Im Ernstfall kann in Hamburg daher schneller gehandelt werden. Anders als inländlichen Regionen herrscht eine hohe Krankenhausdichte und die Kooperation unter den Hilfsorganisationen (Hiorgs) DRK, DLRG, ASB, Johannitern, Maltesern und der Feuerwehr ist ausgezeichnet. Mehr Ausrüstung wurde nicht angeschafft, weder bei der Bundeswehr noch bei den Hiorgs. Aber Hamburg ist so gut vorbereitet, wie es sein kann.

 

ZUR SACHE:

Selbstschutz

Wir leben in bedrückenden Zeiten. Und vielleicht tröstet es sie nicht, dass Hamburg gut vorbereitet ist. Wenn Sie die Angst packt, packen Sie zurück und vertrauen Sie sich jemandem an. Auch das ist eine Art von Selbstschutz.  Hierfür gibt es viele kostenlose Angebot wie die Nummer gegen Kummer: 116 111. Für Hilfe zum Handeln in Notsituationen hat der Bund einen Ratgeber herausgebracht, den Sie hier kostenlos herunterladen und bestellen können: www.bit.ly/ratgeber-katastrophenfall

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