Am 12. April errichteten Sülldorfer Landwirte und die Bezirksjägergruppe Altona einen Schwalbenturm. Er reckt sich auf dem Hofgelände von Wilhelm Gehrkens in den Himmel. Der Mast trägt eine kleine Dachkonstruktion mit Platz für 60 „bezugsfertige“ Nistplätze. In luftiger Höhe sind die Vögel, die hier hoffentlich bald einziehen, sicher vor Fressfeinden. Schon bald könnte ein zweiter Turm in Sülldorf folgen. Das Artenschutzprojekt soll die Zahl der Mehlschwalben im Stadtteil zu erhöhen. Zukünftig könnten weitere, kleinere Nistgelegenheiten im Umkreis entstehen, so Bern Neumann, Leiter der Bezirks-Jägergruppe.
Rückgang ist bedenklich
In den vergangenen Jahren schrumpfte der Schwalbenbestand laut der Bezirksjägergruppe Altona merklich. Heute ziehen scheinbar nur wenige Einzelvögel ihre Kreise durch den Sülldorfer Himmel. So ist es auch andernorts und meistens liege das am massiven Rückgang der Hauptnahrungsquelle für Vögel: Insekten.
Das Aufstellen der Schwalbentürme ist daher nur „die halbe Miete“. Jäger und Landwirte im Umkreis haben deshalb schon vor einiger Zeit 35.000 Quadratmeter Blühflächen, Knickgehölzen und anderen Landschaftsschutzmaßnahmen angelegt. Dies soll den Grundstock für ein gutes Nahrungsangebot durch Insekten schaffen.
Mehlschwalben leiden besonders
Die Bemühungen haben bereits erste sichtbare Erfolge. Fasanen, Kiebitze und andere Wiesenvögeln siedeln sich wieder an. Die Mehlschwalben leiden allerdings weiter unter dem Mangel an Nestbaumöglichkeiten. Sie kleben ihre markanten Lehmnester gerne unter Dachüberstände und in geschützte Mauerwinkel.
Doch moderne Baumaterialien machen ihnen das Leben schwer. An wärmedämmenden Kunststofffassaden können die Lehmnester beispielsweise nicht haften. Plattendächer sind ein anderes Negativbeispiel. Sie heizen sich in der Sommersonne zu sehr auf. Außerdem fehlen Pfützen und Matschlöcher an den Feldwegen. So gehe den Schwalben das Wasser und das Baumaterial aus, erklärt ein Sprecher der Bezirksjägergruppe.
Doch auch dieses Problem wird in Sülldorf angegangen. Denn der beteiligte Landwirt legt Lehmpfützen an, die er im Sommer feucht halten wird. So steigen auch abseits des Schwalbenturms die Chancen für den Nestbau.
Freude hier, Zweifel dort
So groß die Freude beim Richtfest des Schwalbenturms war, es gibt auch Zweifler. So hat ein anderer Landwirt, der sich schon bereit erklärt hatte, auf seinem Hof einen Schwalbenturm errichten zu lassen, seine Zustimmung inzwischen zurückgezogen. Er befürchtet „aufgrund schlechter Erfahrungen mit dem Bezirksamt“, dass ihm im Erfolgsfall die Weiterentwicklung seines Betriebs durch Naturschutzauflagen erschwert wird. Die Zeit muss nun am ersten Beispiel zeigen, welche Folgen, auch bürokratischer Natur, so ein Turm hat.
Einstimmige Unterstützung aus der Bezirksversammlung
Das Projekt wurde einhellige durch die Bezirks-Politik unterstützt, ausgehend von einem Finanzierungsantrag der früheren CDU-Bezirksabgeordneten Antje Müller-Möller. Die Finanzierung wurde von allen Fraktionen der Bezirksversammlung einstimmig beschlossen.
Die beiden Initiatoren des Projekts, Landwirt Heinz Behrmann und Jäger-Bezirksgruppenleiter Bernd Neumann, sind dankbar für die Unterstützung. „Aus eigenen Kräften hätten wir das nie hinbekommen“ sind sie sich einig. Für Behrmann gehören die Schwalben seit seiner Kindheit dazu: „Sie machen natürlich auch Dreck – und das ist nach heutigen hygienischen Vorstellungen nicht immer und überall erwünscht. Deshalb müssen wir ihnen Räume schaffen, wo sie artgerecht leben können“.