27. Juni 2024
Nachrichten

SpaceDay in der Führungsakademie

Wie wichtig ist der Weltraum für die Verteidigung? Dieser Frage ging der SpaceDay an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg (FüAk) nach. Der Tag in Nienstedten umfasste Workshops, Vorträge und simulierte Weltraumflüge.

Der SpaceDay an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg führte die Besucher in den Weltraum.

Der SpaceDay an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg führte die Besucher in den Weltraum.

Am 26. Juni fanden sich rund 250 interne und externe Gäste in der FüAk ein, um sich dem Thema Verteidigung im Weltraum zu widmen. Der sogenannte SpaceDay war die Abschlussveranstaltung des Lehrgangs für angehende Generalstabsdienst-/ Admiralstabsdienstoffiziere (LGAN), Jahrgang 2022. Eingeladen waren Fachleute aus den Streitkräften, aus Wissenschaft, Ministerien sowie der Luft- und Raumfahrtindustrie. Im Zentrum des SpaceDays standen zentrale Fragen zur Bedeutung des Weltraums in zukünftigen Gefechten.

Am 27. Juni finden weitere Diskussionsrunden zur Vertiefung statt – diesmal unter Ausschluss der Presse.

Die Organisatoren und Redner des SpaceDays um General Carsten Breuer // Foto: Bundeswehr/ Twardy - Keyword: Spaceday
Die Organisatoren und Vortragenden des SpaceDays um General Carsten Breuer (11. v.r.) // Foto: Bundeswehr/ Twardy

Zum Hintergrund

Jeder Jahrgang des LGANs erhält ein Thema, das dieser aufarbeitet und in einer Abschluss-Veranstaltung mit Expertinnen und Experten erörtert. Das Thema gibt kein Geringerer als der Generalinspekteur der Bundeswehr selbst vor, in diesem Fall General Carsten Breuer. Sein Auftrag an die Lehrgangsteilnehmenden lautete „mit einer gesamtgesellschaftlichen Brille auf das Thema Space zu schauen“. Welche Rolle spielt also die „Dimension Weltraum“ auf dem Gefechtsfeld der Zukunft? Eine bedeutende, so lautete das Fazit des ersten Tages.

Denn längst ist der Weltraum immens wichtig für die Zivilgesellschaft und die Verteidigung. Kommunikation, Navigation, Wettervorhersage und der Zahlungsverkehr sind genauso satellitengestützt wie die militärische Kommunikation und Überwachung. Und die Bedeutung des Weltraums wächst. Dies zeigte sich im Workshop „Future Warfare“. Hier hieß es unter anderem: Im Gefecht der Zukunft sollen alle Akteure miteinander vernetzt werden (Gesamtarchitektur Space). Damit wird jedes Fahrzeug, selbst jeder Soldat und jede Soldatin, zu einem Knoten in einem digitalen Netz. Das geht, so der Tenor, nur mit neuer und vor allem mehr Satellitentechnik. Hier müsse es zu einer Trendwende kommen, so ein Mitglied des Weltraumkommandos der Bundeswehr.

Rolling Space

Das Stichwort laute Rolling Space. Es meint die ständige Erneuerung der Geräte im Orbit. Kleine und Kleinst-Satelliten würden hier die Zukunft der Satellitentechnik bestimmen. Denn sie sind schneller herzustellen und auch aus Deutschland zu starten, anders als bei großen, langfristigen Satellitenprojekten. Die kleinen Satelliten würden es schnell ermöglichen, die nötige Zahl von Überwachungs- und Kommunikationssatelliten zu installieren, meinte ein Sprecher.

Die Kommunikation zum Boden müsste mitwachsen. Doch auch dafür gebe es eine Lösung: Laserkommunikation zwischen den kleinen Satelliten, die wie eine Kette die Signale weitertragen, bis zu einem Satelliten, der über einer Bodenstation die Daten abstrahlt. Derlei Konzepte wurden an vielen Stellen vorgestellt.

Breuer im Verteidigungsausschuss aufgehalten

General Breuer hielt am Nachmittag seine verspätete Eröffnungsrede an die Lehrgangsteilnehmer und Gäste im Manfred-WörnerZentrum der FüAk. Eigentlich sollte Breuer die Veranstaltung am Morgen eröffnen, wurde aber im Verteidigungsausschuss in Berlin aufgehalten. Vor seiner Rede nahm er an einem der acht Workshops des SpaceDays teil.

Workshops inklusive Raketenflug

Der Space Buzz One ist ein fahrbarere Space-Simulator. Er wird vom DLR betrieben.
Der Space Buzz One ist ein fahrbarere Space-Simulator. Er wird vom DLR betrieben.

Die Workshops behandelten Themen wie die Kriegsführung der Zukunft (Future Warfare), die Kooperationen in der Weltraumverteidigung und einiges mehr. Die sogenannten Pitches waren hochkarätig besetzt. Das zeigt auch folgendes Beispiel: Einer der Wokshops wurde vom Bundesnachrichtendienst (BND) unterstützt. Hier wurden geheime Inhalte diskutiert und der Zugang daher stark beschränkt.  Pitch acht galt der hautnahen All-Erfahrung. Hierfür stellte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt den Space Buzz One zur Verfügung. Der Space Buzz ist ein fahrbarer Simulator. Mittels VR-Brille und beweglichen Sitzen können die „Passagiere“ darin einen Rundflug in den Orbit und zum Mond unternehmen. Das Angebot ist praktisch neu und wurde hier erst zum zweiten Mal der Öffentlichkeit präsentiert. Eigentlich richtet sich das Projekt an Schulklassen der Stufen 5 und 6. Eine gelungene Erfahrung war es für die Teilnehmenden dennoch. Die sollten, so wie die Kinder, einen Eindruck vom Overview-Effekt erhalten, also dem Gefühl, das Astronauten erfahren, wenn sie erstmals auf die Erde herabsehen.

Wie real ist die nukleare Bedrohung aus dem All?

Eine Frage stand mal mehr, mal weniger unausgesprochen im Raum: Wie real ist die nukleare Bedrohung aus dem All? Hier schaffte ein Pitch-Moderator Klarheit: „Ich halte es für eine Nebelkerze. Die Angst vor dieser Bedrohung soll von tatsächlichen Bedrohungen am Boden ablenken.“ Atomraketen im Orbit zu stationieren, hielt der Redner für „unsinnig“, da sie keinen Vorteil brächten. Ein Blick ins Publikum zeigte aber auch gegenteilige Ansichten.

Upper und Downer

General Breuer kam mit den frischen Eindrücken aus dem Verteidigungsausschuss in seiner Rede auch auf den Begriff „Kriegstüchtigkeit zu sprechen. Er ließ keinen Zweifel daran, warum Verteidigung nötig sei und wozu der SpaceDay dient. Breuer wies vor allem nach Russland und erläuterte, dass Russland 2029, nach jetziger Entwicklung, wieder Nato-Territorium angreifen könne. In vier Jahren würde Russland, so Breuer, die nötigen materiellen und personellen Mittel dazu haben.

Bis 2029 gelte es daher, die Deutsche Armee entsprechend „kriegstüchtig“ zu machen. Bislang tut sich hier eine große Kluft auf. Breuer nannte das Beispiel der Panzerproduktion. Russland stellt momentan rund 1.500 Panzer jährlich her. Die Bundeswehr besitzt überhaupt nur 300 Panzer, die nicht alle einsatzfähig sind. Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass Russland mittlerweile seine gesamte Wirtschaft auf die Wehrfähigkeit hin ausgerichtet hat. Mit Breuers Rede endete der offizielle Teil des SpaceDays.

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