18. April 2023
Allgemein

Alle reden vom Klima, hier ist seine Geschichte

Das Klima ist so alt wie die Erde, das Wetter so vielfältig, bedrohlich und auch schön. Nicht immer waren und sind die äußeren Umstände unseres Planeten von angenehmer Natur. Eine historische Betrachtung von Klima und Wetter. – Von Ronald Holst

Gewitter – welchen Einfluss kann El Niño auf unser europäisches Wetter und Klima haben?

Gewitter – welchen Einfluss kann El Niño auf unser europäisches Wetter haben?

Naturkatastrophen bringen Tod, Leid und Hungersnöte mit sich. Das letzte Erdbeben in der Türkei und in Syrien mit über 50.000 Toten ist eines dieser Schicksalsschläge, die die Erde immer wieder treffen und mit denen die Menschheit leben muss.  Auch Meteoriteneinschläge, Vulkanausbrüche, Eiszeiten, Tsunamis, Sturmfluten und Hochwasser haben Folgen für Wetter und Klima – eine Horrorgeschichte unseres Planeten …

Meteoriteneinschläge

Wissenschaftler haben 165 große Meteoriteneinschläge auf der Erde gezählt. Vier davon waren besonders verheerend und löschten das Leben auf dem Erdball beinahe aus. Vor 3,47 Milliarden Jahren: Die Erde war lediglich von Bakterien bewohnt, die vom Einschlag des etwa 20 Kilometer großen Himmelskörpers kaum berührt wurden. Vor 380 Millionen Jahren war das Zeitalter der Fische. 90 Prozent aller Meeresbewohner und 70 Prozent der Wirbeltiere an Land wurden durch den Meteoriten ausgelöscht. Vor 250 Millionen Jahren: Der Einschlag des 5 bis 11 Kilometer großen Brockens war der verheerendste überhaupt, der für ein Massensterben im Wasser und an Land sorgte.

Vor 65 Millionen Jahren: Sein Einschlag schuf den Chicxulub-Krater in Mexiko. Er löste eine jahrelange weltweite Dunkelheit aus. 70 Prozent aller Lebewesen starben, auch alle Dinosaurier. Aber es war auch der Startschuss für die Entwicklung von Säugetieren.

Selbst verhältnismäßig kleine Vulkanausbrüche wie hier blasen viele klimaschädliche Gase in die Atmosphäre. // Foto: Thorir_AdobeStock
Selbst verhältnismäßig kleine Vulkanausbrüche wie hier blasen viele klimaschädliche Gase in die Atmosphäre. // Foto: Thorir AdobeStock

Die großen Veränderungen im Klima

Vulkanausbrüche, die dramatische Einflüsse auf das Wettergeschehen hatten

1628 v. Chr.: Der Ausbruch des Thera/Santorin/Griechenland vernichtete angeblich die minoische Kultur auf Kreta und war Ursache der sieben ägyptischen Plagen (Altes Testament). Auch in China wurden seine Aschewolken beobachtet. 536–547 n. Chr.: Eyjafjällajokull/Island, „Die schlimmste Zeit, um lebendig zu sein!“, meinten Zeitgenossen. Schreckliche Wetteranomalien und Ernteausfälle sowie Millionen Tote und eine Völkerwanderung waren die Folge der elf Jahre dauernden Ausbrüche. Eineinhalb Jahre soll es auf der Nordhalbkugel auch am Tag kaum hell geworden sein. Die Temperaturen sanken dort um 1,5 °C. Von den britischen Inseln sowie Mittel- und Nordeuropa über den

Nahen Osten bis China fielen die Ernten über Jahre aus. 536 bis 550: Der Krakatau/Indonesien rief weltweite Klimaanomalien hervor. 539: Ilopango/El Salvador, Resultat des Ausbruchs waren wiederum Klimaanomalien, Ernteausfälle, Seuchen und wahrscheinlich Millionen Tote.  552/553: Mount Churchill/Alaska, Temperaturrückgang um 0,8 °C in der Nordhemisphäre (zentrales und nördliches Europa sowie Asien).

822 oder 823: Kafla/Island, wahrscheinlicher Urheber war der 100 Kilometer lange Vulkan. Er könnte die Kälteperiode 822 bis 824 in Teilen Europas und Asiens mit Ernteverlusten, Hungersnöten und Seuchen ausgelöst haben. 934 oder 939: Kafla/Island, verursacht abermals Hungersnöte in Europa, Persien und China. 1600: Huaynaputina/Peru, löste auch Hungersnöte in Russland und China mit etwa 500.000 Toten aus.

 

1815 legte sich ein Ascheregen um die

Erdkugel und verursachte das „Jahr ohne Sommer“. Weltweit gab es 92.000 Tote

sowie Seuchen und Missernten.

 

1783–1784 Laki-Krater/Island, größte Naturkatastrophe in historischer Zeit. Sie hatte Auswirkungen auf das weltweite Klima. Wegen des dadurch hervorgerufenen „vulkanischen Winters“ kam es zu weltweiten Missernten und zu Massensterben. Wahrscheinlich war sein Ausbruch auch Mitauslöser der Französischen Revolution. 1815: Tambora/Indonesien, sein Ascheregen legte sich um die Erdkugel und verursachte das „Jahr ohne Sommer“. Weltweit gab es 92.000 Tote sowie Seuchen und Missernten.

Die Menschen aßen Gras und Baumrinde. Er verursachte die weltweit erste große Auswandererbewegung der Neuzeit aus der Schweiz, Elsass-Lothringen und Süddeutschland. 1883: Der Krakatau/Indonesien schleudert 18 Kubik-Kilometer Gestein in die Stratosphäre. Seine Aschewolke reichte 30 Kilometer hoch. Eine durch ihn ausgelöste Flutwelle strömte bis in die Biskaya! Sonneneinstrahlungen waren für mehr als ein Jahr um 25 Prozent weltweit gemindert. Für drei Jahre sank die Temperatur um 1,5 °C. Edvard Munch übernahm in seinem Gemälde „Der Schrei“ den durch seine Eruption rot gefärbten Himmel. 1991: Pinatubo/Philippinen, Temperaturabnahme weltweit um 0,5 °C, 1.000 Tote.

Die Mittelalterliche Warmzeit

Das Klima kennt Kalt- und Warmzyklen. Im Mittelalter war es in der Nordhemisphäre 1,5 bis 2,0 °C wärmer (Kernzeit 950 bis etwa 1300 nach Christus) als in der Gegenwart. Im 11. Jahrhundert erreichten die Temperaturen ihren Höhepunkt. Ganz im Gegensatz zur Südhemisphäre. Während dieser Zeit exportieren England, Norwegen und Mecklenburg-Vorpommern sogar dort angebaute Weine.

Ursache war die besonders hohe solare Einstrahlung, die umfangreiche Rodung von Wäldern sowie das Ausbleiben von Vulkanausbrüchen neben kleineren Faktoren. Besonders hoch (+3,6 °C) war der Temperaturanstieg in der Grönland-See. Dort wurden viele Gletscher zum Schmelzen gebracht. Deswegen gab es im Nordatlantik keine Eisberge und nur sehr wenige Stürme, was die Fahrten der Wikinger nach Island, Grönland und Amerika begünstigte.

Wegen der angenehmen Temperaturen explodierte in Europa die Pflanzenwelt; Tiere und Menschen vermehrten sich weit überdurchschnittlich (europäische Bevölkerung um 1000 = 36 Millionen, um 1300 = 79 Millionen Einwohner). Folge war, dass es zahlreiche Ortsgründungen gab, die man heute noch an ihren Namensendungen erkennen kann, zum Beispiel auf „rode“, „hausen“ oder „leben“.

 

Kleine Eiszeit

Die Kleine Eiszeit reichte vom Anfang des 14. bis ins 19. Jahrhundert. Sie war regional und zeitlich unterschiedlich stark ausgeprägt. Erhöhte, langanhaltende Niederschläge (in England regnete es 155 Tage hintereinander) und Gletscherwachstum waren die Folge. Von 1550 bis 1800 waren die Winter in Europa z. B. um etwa 2,5 °C kälter als heute. Als Grund dieser Wetterentwicklungen wird verstärkter Vulkanismus angenommen. Dies führte zu vielen katastrophalen Ernten und Hungersnöten. Der Ausbruch des 30-jährigen Krieges wird eine Folge des schlechten Wetters gewesen sein. Hunger, Verarmung und Krankheit lösten große soziale Spannungen aus, die letztlich Gründe für diesen Krieg waren.

 

Der Ausbruch des 30-jährigen Krieges wird eine Folge des schlechten Wetters gewesen sein. Hunger, Verarmung und Krankheit lösten große soziale Spannungen aus.

 

Die Wetterbedingungen der Kleinen Eiszeit trugen obendrein zur Verschlechterung der Gesundheit der Bevölkerung mit der verheerenden Pest im 14. Jahrhundert bei, die 40 bis 60 Prozent der Bevölkerung dahinraffte. Durch die vielen Hungersnöte und Seuchen sank nicht nur die Bevölkerung, landwirtschaftlich genutzte Flächen wurden  wesentlich kleiner, Wald breitete sich aus. Ein weiterer Faktor, warum die Temperatur sank. Meersalz konnte wegen der zu geringen Sonnenstunden nicht mehr gewonnen werden. Die Konservierung von Lebensmitteln war deshalb nur schwer möglich.

Die Große Hungersnot in Irland (1845 – 1852) galt als letztes dramatisches Ereignis der Kleinen Eiszeit.

 

El Niño und La Niña

El Niño (spanisch für „der Junge“, „das Kind“, hier „das Christuskind“) nennt man das Auftreten ungewöhnlicher nicht zyklischer, veränderter Meeresströmungen vor der Westküste Südamerikas. Das Phänomen tritt in unregelmäßigen Abständen auf. Der Name ist vom Zeitpunkt des Auftretens abgeleitet, nämlich der Weihnachtszeit. Er stammt von peruanischen Fischern, die den Effekt durch die dann ausbleibenden Fischschwärme zu spüren bekommen.

Bei El Niño erwärmt sich das Oberflächenwasser im östlichen tropischen Pazifik (beispielsweise vor Peru), während sich das Wasser im Westen (vor der ostafrikanischen Küste) abkühlt. Folge dieser Umkehr ist, dass es in sonst sehr trockenen Gebieten starke Niederschläge gibt und die abkühlende Luft über dem westlichen Pazifik für Trockenheit sorgt. Genauer gesagt handelt es sich um einen Strömungskreislauf der Luft über dem äquatorialen Pazifik.

Welchen Einfluss kann El Niño auf unser europäisches Wetter und Klima haben?

Durch die Veränderung der Windzirkulation im Pazifikraum werden die Passatwinde rund um den Globus beeinträchtigt. An der Ostküste Afrikas entstehen beispielsweise Dürren, weil der Passat hier ausbleibt und keine feuchte Luft vom Ozean auf das Land weht. Andererseits kommt es zu Trockenperioden in Australien und Indonesien und damit zu erhöhter Waldbrandgefahr. Auch auf Europa soll El Niño Einfluss haben: Den eisigen Winter 2009/10 zum Beispiel führen einige Wissenschaftler auf das Phänomen zurück. La Niña tritt als Gegenteil von El Niño – als dessen „kleine Schwester“ – auf. La Niña (spanisch „das Mädchen“) tritt meist im Anschluss an El Niño auf und ist wie dessen Gegenstück. Durch sie verstärken sich die Passatwinde deutlich. Die Wassertemperaturen im zentralen und östlichen Pazifik sinken unter die langjährigen Mittelwerte. Dies hat u. a. zur Folge, dass sich im Bereich des Westpazifik Unwetterereignisse und Tai­fune häufen, während es im ohnehin trockenen Küstenbereich Südamerikas noch trockener als sonst wird.

Drei weitere Faktoren für unser Klima

Erdbeben und Tsunamis

haben keine langanhaltenden Einflüsse auf das Wettergeschehen.

Hochwasser und Sturmfluten

verursachen in der Regel keine Klimaveränderungen, sondern sind Klimafolgen.

Sonnenflecken/Sonneneruptionen

rufen vermutlich auch Klimaveränderungen hervor, wie sie schon der Astronom Johannes Kepler 1607 beobachtet hat.

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