2. März 2023
Interviews

„Der Klönschnack ist mein Job und mein Hobby…!“

Wie erklärt man einem Zugezogenen das Phänomen Klönschnack? Wie lief der Start, was waren die größten Hürden über 40 Jahre hinweg? Der Redaktionsleiter stellt sich unwissend, der Chefredakteur antwortet.

Klaus Schümann gründete den Klönschnack

Klaus Schümann, Gründer und Chefredakteur beim Klönschnack // Foto: © Frank Wartenberg

Am Anfang steht ja immer die Frage nach dem Motiv. Was war deins? Warum hast du den Klönschnack gegründet?

Verlegerehrgeiz. Ich wollte immer schon eine Zeitung machen. Meine erste Ausbildung war Schriftsetzer. Bei den Norddeutschen Nachrichten durfte ich im Bleisatz die Titelseite setzen, das hat geprägt. Dann war ich Teil des Teams der Hauptstraße in Blanke­nese. Dazu muss man wissen, dass ich bereits ab 1974 die Agentur Atelier Schümann gegründet hatte. Die war damals in der sogenannten Vorstufe aktiv, das heißt wir haben Fotosatz und Grafik gemacht, wir haben Prospekte und Zeitschriften für Kunden produziert. Eine spannende Zeit, zumal wir mehr in der „Linde“ saßen, als in der Redaktion. Die Hauptstraße überlebte aber nicht lange. Später lernte ich in Eimsbüttel jemanden kennen, der die Hamburger Rundschau gründen wollte, als Pendant zur Frankfurter Rundschau. Ich war sofort Feuer und Flamme und wollte mitmachen. Die Hamburger Rundschau erschien dann auch zwei- oder dreimal, scheiterte aber ebenfalls aus wirtschaftlichen Gründen.

 

Du hattest also das technische Know-how und dann kam 1983 …

Ja, da habe ich mir gedacht: Jetzt machst du es einfach mal selbst. Und nach dem Desaster mit der Hamburger Rundschau sah ich nur im Anzeigenblatt eine Chance. Alles andere funktioniert bei einem unterkapitalisierten Start einfach nicht.

 

Wer kam auf den Namen „Klönschnack“?  Sei ehrlich.

Die Idee kam von mir. Ich saß am Rechner vor der ersten Titelseite und überlegte, wie die Zeitschrift heißen könnte. Da waren auch durchaus noch Namen wie Elbvor-Ohr im Gespräch. Irgendwann hatte ich aber den Namen Klönschnack mit dem Schriftzug, wie er heute noch ist, und dachte einfach, den nehmen wir jetzt.

 

Was war die Startauflage?

Achtzehntausend.

 

Gib mal bitte einen Einblick in die alltägliche Arbeit. Du musstest das Atelier am Laufen halten und nun zusätzlich ein Monatsmagazin produzieren …

Das war natürlich Stress, gerade wegen der Technik. Wir haben damals noch mit Papiermontage gearbeitet und mussten die einzelnen Anzeigen, die wir ja Gott sei Dank schon hatten, zusammenbauen. Das Atelier hatte seinen Sitz im Karolinenviertel und dort saß ich oft schon um fünf Uhr morgens, um Kleinanzeigen einzutippen und Anzeigen zu bauen … Das war ziemlich nervend.

 

Und wirtschaftlich? Waren die Zeiten golden oder eher steinig?

Ende der 80er Jahre waren die Druckkosten immens. Wir haben 1990 dann sogar ein Jahr lang auf die Haushaltsverteilung verzichtet und das Magazin für zwei Mark an den Kiosk gebracht. Das war betriebswirtschaftlich durchaus ein interessantes Jahr, aber aufgrund der niedrigeren Auflage von 12.000 Exemplaren für Anzeigenkunden weniger attraktiv. Wir mussten wieder direkt in die Haushalte. Wir haben dann mit verschiedenen Papiersorten experimentiert, mit verschiedenen Druckereien und sind schließlich mit solider Qualität bei Kröger in Wedel gelandet. Wirtschaftlich war das allerdings ein Tal der Tränen, aber dann kam ein langsamer stetiger und positiver Wandel.

 

Wie wichtig war der Klönschnack dann für das Atelier Schümann? Nach dem Tal der Tränen.

Er wurde immer wichtiger. Daher auch der Umzug nach Blankenese. Hintergrund war die Erfindung der Macintosh-Technik, das Desktop-Publishing – also die Möglichkeit, Druckerzeugnisse selbst herzustellen. Da fielen für uns viele Aufträge weg. Wir brauchten ein kompensierendes Einkommen und das lieferte der Klönschnack. Also haben wir im Karolinenviertel die Segel gestrichen und sind nach Blankenese in die Auguste-Baur-Straße gezogen. Wir brauchten weniger Platz, weil die großen Satzanlagen nicht mehr notwendig waren. Es reichten ein paar Macs.

 

Wer war in den ersten Jahren die Redaktion?

Mein Neffe Dirk, damals noch Student und ich. Wir waren die Blattmacher. Wir hatten auch erste Pressemitteilungen im Verteiler, aber ehrlich gesagt war der redaktionelle Inhalt noch zaghaft. Das war amüsantes Beiwerk, all die „verschärften“ Grüße und eine Nuance an Witz – da entstand ein gewisser Charme, aber die Redaktion stand noch nicht so im Fokus wie heute. Damals schickten auch die Leser Fotos und kleine Beiträge – für ein Lokalmagazin bedeutend.

 

Könnte man also sagen, der Klönschnack war am Anfang so eine Art lokale Pinnwand?

Ja, das trifft es. Gerade durch den lokalen Bezug kam das Heft bei den Lesern schon früh recht gut an.

 

Und wer waren die ersten Kunden?

Wir waren am Anfang nur auf die lokale Wirtschaft fokussiert. Anzeigenkunde Nummer eins war der Blankeneser Optiker Prignitz, dann kamen Händler wie Feinkost Ahrend hinzu. Aber irgendwann wurde die Aufmerksamkeit größer. Die Leser-Blatt-Bindung wuchs. Dann kamen auf einmal die Banken, Bauunternehmen, die Immobilienbranche. Größere Firmen entdeckten den Klönschnack, eben weil er bei den Lesern ankam. Häufig hieß es von Seiten der Leser in Richtung lokale Unternehmen: „Macht doch mal was im Klönschnack.“

 

Leser könnten sich fragen, wie unabhängig ein Presseerzeugnis wie der Klönschnack sein kann. Lässt sich die Trennung zwischen Anzeigenabteilung und Redaktion immer durchhalten?

Ja. Der Klönschnack leistet sich eine Vollredaktion. Das ist eine Notwendigkeit, die sich nur rechtfertigen lässt, wenn diese Redaktion dann auch als solche eigenständig arbeitet. Also kümmert sich die Anzeigenabteilung um den Verkauf, die Redaktion um die redaktionellen Inhalte. Das ist auch nicht selten eine handfeste interne Konfliktlinie (grinst). Selbstverständlich müssen wir auch die gesetzlichen Vorgaben beachten. Inhalte von Kunden werden als Anzeigen, Anzeigensonderveröffentlichung oder auch Advertorial gekennzeichnet. Es gibt natürlich Grenzfälle, wie zum Beispiel Verlosungen, die kommerziell motiviert sind, aber auch bei Lesern gut ankommen.

 

Es gab und gibt auch viele Veranstaltungen rund um den Klönschnack …

… ja, wir haben neunzehn Jahre lang das legendäre Klönschnack-Sommerfest auf dem Blankeneser Marktplatz veranstaltet, sozusagen das Stadtteilfest für die Elbvororte. Und natürlich der Blankeneser Neujahrsempfang, zu dem wir 1995 erstmals mit 60 Gästen in die Redaktionsräume gebeten haben. Heute sind es rund 1.000 Gäste und der Blankeneser Neujahrsempfang hat einen erstaunlichen Bekanntheitsgrad. Dann natürlich die Klönschnack Sommernacht auf dem Süllberg, sie soll in diesem Jahr auch wieder stattfinden.

 

Das klingt aber auch nach viel Arbeit …

… kann man wohl sagen, aber wir sind ja auch eine Truppe engagierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit viel Begeisterung im Job. Klar, es wird auch mal dünnhäutig, aber Job ist Job. Und mein Job ist mein Hobby!

 

2014 wechselte der Eigentümer. In dem Jahr hast du den Klönschnack verkauft. Warum?

Ein Jahr zuvor begannen Gespräche mit dem SHZ, dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag, die hatten Interesse, sich am Klönschnack mit 51 Prozent zu beteiligen. Fast zeitgleich meldete sich Axel Springer und wollte das Magazin kaufen. Das waren interessante Gespräche zu einer Zeit, in der ich ja nicht verkaufen musste, denn die Zahlen stimmten. Ich war aber nicht mehr der Jüngste und musste perspektivisch eine Entscheidung über die Zukunft fällen. Axel Springer mit dem Hamburger Abendblatt lag mir näher als die Flensburger vom SHZ. Dann aber verkaufte Axel Springer das Abendblatt, die Hörzu etc. an Funke Medien und ich dachte: Das Thema ist durch. Aber nein, Funke blieb am Ball und im Sommer 2014 waren wir uns handelseinig. Hier in Blankenese änderte sich nichts bis auf den Eigentümer, heute die Funke Medien Hamburg GmbH.

 

Warum bist doch noch immer an Bord? Du könntest doch auch locker in den Ruhestand gehen?

Auf der einen Seite ist mein Job mein Hobby. Ich mache das gerne, brauche auch diesen positiven Stress und bin noch nicht alt genug, um zu Hause Vogelhäuschen zu bauen. Auf der anderen Seite wurde auch von Funke deutlich signalisiert, dass ich doch bitte an Bord bleiben möge. Da waren wir uns einig und bis auf Weiteres bleibt das auch so.

 

Und jeder Tag ist eine Freude oder nervt es auch manchmal? 

Sagen wir mal so: Ich bin Intensivleser und mein zweites Hobby ist das Schlagzeug, das ich ja auch auf der Jubiläumsparty mit den Klönschnack Allstars spiele. Wenn es zu viel wird, suche und finde ich meine Auszeiten.

 

Wie sieht der Klönschnack in zehn Jahren aus?

Er wird sich natürlich mehr digitalisieren. Wir arbeiten ja heute schon ständig an neuen digitalen Auftritten. Aber der Klönschnack wird als Magazin im Bereich Edelprint auch 2033 erscheinen.

 

Dankeschön!

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