28. Juli 2025
Interviews

„Willkommen bei DAS!“ – Interview mit Inka Schneider

Inka Schneider ist eine der profiliertesten Moderatorinnen des Landes. Im Interview erzählt sie von Glück und Pannen auf dem Roten Sofa und warum das Weiße Haus eigentlich etwas unspektakulär ist.

Moderatorin Inka Schneider // Foto: NDRJanis Röhlig

Moderatorin Inka Schneider moderierte bislang über zweieinhalbtausend DAS!-Sendungen im NDR. // Foto: NDR/Janis Röhlig

Frau Schneider, seit 22 Jahren moderieren Sie die Sendung DAS!, auch bekannt als „das Rote Sofa“. Was macht für Sie die Faszination der Sendung aus?
DAS! ist eine Wundertüte, jeden Tag ein anderer Gast, jeden Tag neue Berichte und Geschichten. Und eine Live-Sendung, die zwar plan-, aber nicht im Detail vorhersehbar ist. Dazu die perfekten Arbeitszeiten, das beste Team der Welt. Und hey, wir senden aus Hamburg! Besser wird‘s nicht.

Hat sich DAS! in dieser Zeit weiterentwickelt?
Heute sind Gespräch und Berichte viel stärker miteinander verzahnt. Die Filme sind nicht beliebig, sondern haben immer mit der Biografie des Gastes zu tun. Stefan Gwildis zum Beispiel war Straßenmusiker, deshalb zeigen wir das Porträt einer jungen Straßenmusikerin heute und schaffen so eine Gesprächsrampe.

Ist auch die Gästeauswahl anders als früher?
Sie ist vielfältiger geworden. Statt „nur“ Prominenten haben wir jetzt häufig Experten zu Gast und besprechen durchaus ernste, gesellschaftlich relevante Themen auf dem roten Sofa. Das Spektrum reicht von Thomas Mann über Nachhaltigkeit im Mittelalter bis zum Krieg gegen die Ukraine.
Aber auch Abenteurer und Engagierte sind gern gesehen. Wichtig ist, dass die Gäste eine spürbare Leidenschaft oder richtig Ahnung von etwas haben. Am besten beides.

Sie haben rund zweieinhalbtausend DAS!-Sendungen moderiert. Gab es da auch mal etwas, das so ganz und gar schieflief?
DAS! ist eine der wenigen Talksendungen im deutschen Fernsehen, die wirklich live ist. Und das Schlimmste, was uns da passieren kann, ist, wenn der Gast nicht rechtzeitig oder gar nicht kommt.

„Auch den Kabarettisten Jörg Knör haben wir schon spontan vom Abendessen im Restaurant geholt…“

Ist das schon passiert?
Schon ein paarmal: Schauspieler Ben Becker kam 20 Minuten zu spät, weil er in Hamburg ins falsche Studio gefahren wurde. Bingobär Michael Thürnau kam gar nicht, er steckte im Stau. Immerhin saß seine Frau am Steuer und so konnten wir trotzdem talken, ich allein auf dem Sofa, er auf der Autobahn am Handy. Unlängst ist Constantin Schreiber zehn Minuten eingesprungen. Die Tagesschau sendet ja zum Glück direkt nebenan. Und auch den Kabarettisten Jörg Knör haben wir schon spontan vom Abendessen im Restaurant geholt, weil wir sonst ohne Gast gewesen wären. Ich liebe, wenn‘s scheinbar schief läuft: Dann ist richtig Leben in der Bude! Und die Zuschauer freut es auch. Solche Sendungen machen immer Quote.

Woran machen Sie fest, ob ein Interview gut war?
Man spürt es gleich nach der Sendung, ob es gut war – auch daran, wie sich der Gast verhält, ob er glücklich ist mit dem, was er oder sie erzählt hat. Es ist ja ein großer Vertrauensbeweis, dass sich Menschen live öffnen. Selbst gestandene Schauspieler, die oft vor der Kamera stehen, haben ein wenig Bammel, wenn sie ohne Drehbuch von sich erzählen, aus ihrem Leben.

„…und dann heißt es um 18.45 Uhr: Guten Abend und herzlich willkommen zu DAS!“

Wie sieht ein typischer Arbeitstag für Sie aus?
Der Sendetag beginnt um 12 Uhr mit einer Konferenz. Da bespreche ich mit der Redaktion die Themen, was aktuell rein muss und welche Filme wir für den Gast vorbereitet haben. Dann gehen wir gemeinsam in die Kantine. Ab 13 Uhr bereite ich mich im Moderatorenbüro vor. Ich lese circa zehn Seiten Gäste-Dossier, schaue mir Filmausschnitte oder Videoclips meines Gastes im Netz an, gucke was sie/er in letzter Zeit gepostet hat, lese in Büchern oder höre in einen Podcast rein.

Und dann überlege ich mir eine Gesprächsstruktur und interessante Fragen. Um 14.30 Uhr bespreche ich das mit der Redaktion und schreibe Stichworte auf Moderationskarten, 16.30 Uhr gehe ich in die Maske und zum Kostüm und um 18.30 Uhr treffe ich meinen Gast gut vorbereitet auf dem Roten Sofa. Kurze Smalltalk-Schnupperphase und dann heißt es um 18.45 Uhr: Guten Abend und herzlich willkommen zu DAS!, schön dass Sie dabei sind!

Ihre Arbeit ist so öffentlich und unmittelbar, wie es nur geht. Sind Sie noch aufgeregt?
Im positiven Sinne gespannt, aber nicht aufgeregt. Ich moderiere jetzt seit fast 30 Jahren und durch meine Zeit als ARD Morgenmagazin-Moderatorin und Washington-Korrespondentin bin ich live erfahren genug, um zu wissen, es kann im Grunde nichts passieren, außer dass eine Sendung oder ein Interview mal nicht preisverdächtig ist. Und wenn der DAS!-Talk nicht so richtig rund läuft, hilft eine Erkenntnis, die mir mein Vorgänger mit auf den Weg gegeben hat: es wird immer halb acht. Sprich: Irgendwann ist die Sendung zu Ende und morgen ein neuer Tag.

Was wäre der schlimmste Fehler, den man als Journalist bei einer Live-Sendung wie DAS! machen könnte?
Die Fakten müssen natürlich immer stimmen. Abgesehen davon, können die Gäste bei uns Wünsche äußern, worüber sie sprechen möchten. Das respektieren wir.
Wenn jemand nicht über sein Privatleben reden möchte und man es trotzdem aufbringt, fühlt sich der andere nur unwohl und macht schlimmstenfalls dicht. Dann kommt es zu der unangenehmen Situation, dass der Gast nicht reden möchte, ich aber trotzdem weiter fragen muss, um die Sendezeit zu füllen. Diese Missstimmung ist spürbar. Deshalb wäre es für mich ein großer Fehler, den Wunsch des Gastes nicht ernst zu nehmen. Wenn wir Politiker zu Gast haben und einen Sachverhalt abhandeln müssen, ist das natürlich anders. Wir verstehen uns aber als Unterhaltungssendung. Daher steht die Atmosphäre im Vordergrund.

Moderatorin Inka Schneider // Foto: NDRJanis Röhlig
Inka Schneider berichtete von 2001 bis 2004 als Korrespondentin aus Washington D.C. // Foto: NDR/Janis Röhlig

Ist das rote Sofa gewachsen?

Neulich habe ich eines Ihrer Interviews aus den Pandemie-Jahren gesehen. Irre ich mich, oder wurde das Rote Sofa in den Corona-Jahren breiter?
Das wuchs schon vorher. Seit ich dabei bin, ist es vermutlich das vierte Sofa. Auslöser für die jetzige Größe waren, glaube ich, die „Ten Tenors“. Irgendwann fragten wir uns, was machen wir, wenn wir mal mehr als einen, zwei oder drei Gäste haben. So wurde das Sofa immer länger.
Es hat aber auch Gestaltungs-Gründe, weil dieser lange Rundbogen gut aussieht. Auch für die Kameraeinstellungen ist er vorteilhaft, weil wir so weniger Probleme mit Schlagschatten haben. Am Anfang war die Größe aber tatsächlich befremdlich, weil man gefühlt ziemlich weit voneinander entfernt sitzt. Während der Pandemie hatte es den Vorteil, dass wir weit genug auseinander saßen und weitersenden konnten.

Gehen wir kurz zurück in die Zeit vor dem Roten Sofa. Sie waren von 2001 bis 2004 ARD-Korrespondentin in Washington und haben den 11. September live miterlebt. Wie war es, zu dieser Zeit aus der US-Hauptstadt zu berichten?
Journalistisch herausfordernd und emotional sehr berührend. Wir alle – ob in Washington oder Sie in Hamburg – haben den Terroranschlag ja live im Fernsehen miterlebt, konnten sehen, wie Menschen vom World Trade Center sprangen und wie die Türme einstürzten. Diese Bilder und auch die riesigen Staubwolken, vor denen die Menschen flohen, werde ich nie vergessen. Unser New Yorker ARD-Büro war an dem Tag nicht besetzt und so liefen in Washington die Drähte heiß.

Alle wollten Berichte und Bilder. Es gab zu den üblichen Nachrichtensendungen zig Sondersendungen. Wir haben über Monate rund um die Uhr gearbeitet. Die USA waren von heute auf morgen im Kriegsmodus und die Stimmung im ganzen Land hat sich komplett verändert. Ich habe viele Pressekonferenzen im Weißen Haus miterlebt und bin durch das Land gereist. Es war mit Sicherheit meine intensivste und aufregendste, aber auch anstrengendste journalistische Zeit.

„Ein erratischer Präsident Donald Trump ist journalistisch betrachtet durchaus spannend.“

Würden Sie heute gerne wieder aus den USA berichten?
Aus dem Ausland berichten und nicht nur leidenschaftlich seinen Job machen, sondern auch in einer fremden Kultur leben zu dürfen, empfinde ich nach wie vor als großes Geschenk. Und ein erratischer Präsident Donald Trump ist journalistisch betrachtet durchaus spannend. Ich bin übrigens sehr begeistert über das hohe Niveau der ARD Auslandsberichterstattung, aber ich habe einen anderen Weg eingeschlagen. Und DAS! ist auch gut.

Ich bin neugierig, wie ist es im Weißen Haus?
Der Pressebereich ist innen viel kleiner, als man von außen denkt und ziemlich unspektakulär. Einen besonderen Respekt hat man natürlich trotzdem vor diesem Ort und es war mir eine große Ehre, als ich meinen ersten Aufsager von dort gemacht habe.

Da spricht die Journalistin. Und was sagt der Mensch Inka Schneider über die USA heute?
Wie bei wohl den meisten, hat sich mein Amerika-Bild komplett gewandelt. Die Werte, für die das „land of the free“ einst stand und die uns die USA vorgelebt haben, gelten scheinbar nicht mehr. Ich hoffe, dass Trump nur ein „Wimpernschlag“ der Geschichte gewesen sein wird.

Wollen wir mit etwas Positivem schließen?
Sehr gerne. Das entspricht auch mehr meiner optimistischen Lebenseinstellung.

Haben Sie ein persönliches Beispiel?
Meine beste Freundin heiratet diese Woche und ich bin Trauzeugin. Ich bin überglücklich und freue mich sehr darauf.

Ein wirklich gutes Ende.
Wir danken Ihnen für das Gespräch und
wünschen eine großartige Hochzeit.

 

Zur Person

Inka Schneider studierte Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation in Berlin, moderierte das ARD-Morgenmagazin bis 2001 und arbeitete anschließend bis 2004 als ARD-Korrespondentin in Washington D.C. Seitdem steht Schneider für die Sendung DAS! im NDR vor der Kamera.
Von 2005 bis 2016 gehörte die Journalistin außerdem zum Team des Medienmagazins Zapp. 1996 war sie Mitgründerin des Journalists Network – eines Netzwerks junger unabhängiger Journalisten. Neben ihrer Fernseharbeit moderiert Inka Schneider freiberuflich Unternehmensveranstaltungen und Podiumsdiskussionen.

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