In vielen Kitas werden die Mitarbeitenden am Freitag ihre Arbeit niederlegen. Zum zweiten Mal in diesem Jahr ruft die Gewerkschaft ver.di zu einem Streik auf. Eltern sollten mit ihrem Kita-Träger sprechen, welche Einrichtung betroffen ist. Auch die Arbeitgeber sollten frühzeitig informiert werden. Für dieses Jahr stehen Eltern durch die Coronaregelungen mehr Kinderfreitage zu, wenn die Betreuung nicht gewährleistet werden kann. Dies gilt auch dann, wenn das betroffene Kind nicht an Corona leidet.
An diesem Freitag werden aber nicht nur Kindergärten, sondern auch Kliniken bestreikt. Aufgerufen zum Streik sind diesmal nicht nur Fachkräfte aus der Erziehung und Pflege, sondern auch aus den Bereichen Sozialarbeit und der Verwaltung.
Streik für bessere Löhne & Bedingungen
Die Gewerkschaft ver.di rechnet mit rund 2.000 Streikenden in der Hansestadt. Ein Sprecher der Arbeitnehmervertretung sagte hierzu: „Wir gehen davon aus, dass wieder zahlreiche Kitas geschlossen bleiben oder nur ein Notprogramm gefahren werden kann.“
Allein in Hamburg sind derzeit 25.000 Beschäftigte bei Sozial- und Erziehungsdiensten von neuen Tarifverhandlungen betroffen. Am 16. und 17. Mai gehen die Verhandlungen weiter. Ver.di fordert für die Beschäftigten bessere Arbeitsbedingungen und einen Lohn ein, der die Leistung auch wertschätzt. Laut der Gewerkschaft sind die Beschäftigten überlastet. Es ist allerdings keine neue Situation. Eltern und Arbeitgeber stellt der Streik vor Herausforderungen.
Muss das sein?
Für viele Eltern und Arbeitgeber ist der Streik eine Zerreißprobe und das bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr. Verständlich für jeden, der um seinen Job bangt oder Angst hat, sein Pensum nicht zu schaffen. Doch es gibt auch die andere Seite. So schrieb die Journalistin Jule Bayer kürzlich im Hamburger Abendblatt: „Muss das wirklich sein? Leider ja. Denn auch die Streikenden sind am Limit.“ Auch für Menschen im Erziehungssektor ist die Situation eine Zerreißprobe, allerdings schon länger, nicht nur tageweise und es war auch schon vor Corona so. Die Arbeit in Kitas ist belastend, körperlich und psychisch. Das gilt besonders in Brennpunktvierteln, aber nicht nur dort.
Der Streik muss sein!
Eine Studie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) aus 2018 zeigte, dass etwa 10 Prozent der Erziehenden unter Burnout–Symptomen leiden. Rund 77 Prozent fühlen sich durch zu große Kindergruppen stark belastet. Schuld ist unter anderem der Personalmangel. Die Probleme wirken zurück auf die Kinder, denn zu wenig Personal bedeutet auch, dass der pädagogische Auftrag nicht zu erfüllen ist. Die Erzieherin einer Kita in Wedel bezeichnete die Situation gegenüber dem Klönschnack so: „Wir können nur noch aufpassen. Ein sinnvolles pädagogisches Programm können wir längst nicht mehr umsetzen. Von den heilpädagogischen Anforderungen mancher Kinder wollen wir gar nicht erst anfangen.“
Wie das Abendblatt berichtet, fehlen laut der Gewerkschaft ver.di in Hamburg bereits jetzt rund 4.000 Fachkräfte. Bundesweit gehe es laut der Gewerkschaft um rund 173.000 Fachkräfte. Es muss eine Lösung für die Arbeitssituationen im Erziehungssystem her, darüber lässt sich wohl kaum streiten. Um Geld allein kann es hier nicht gehen. Der Handlungsbedarf zeigt sich seit Beginn der Pandemie noch stärker. Viele Parteien haben sich daher zur Bundestagswahl vor allem der frühkindliche Bildung-Thematik angenommen. (Lesen Sie hierzu unsere Interviewreihe zur Bundestagswahl in 2021). Quarantänen und Infektionen sowie zuletzt natürlich der Krieg in der Ukraine haben die Lage verschärft.
Es muss weitergehen
Schließtage und Fortbildung heizen das emotionale Klima indes an. Doch wie sollte die Alternative aussehen? Wollen wir unsere Kinder nur abgeben oder wollen wir die bestmögliche Betreuung für unseren Nachwuchs? Die Personallagen bei Eltern und Kitas stehen sich hier entgegen. Fortbildungen und Schließtage sind nötig. Die Frage ist, wie werden sie auch möglich? Es muss weitergehen.