Wann haben Sie sich zuletzt geärgert? Die Frage können viele wohl schnell beantworten. Man ärgert sich schnell, oft schaukeln sich Kleinigkeiten zum Streit hoch. Und seien wir ehrlich: Niemand streitet sich wirklich gerne. Katja Kaiser hat einen Tipp dagegen: Gewaltfreie Kommunikation. Wie die funktioniert, erklärt sie am Streitmobil.
Was ist gewaltfreie Kommunikation?
Das Konzept ist nicht von ihr, sondern stammt vom amerikanischen Psychologen Marshall B. Rosenberg. „Es vermittelt eine friedliche innere Haltung. Man interessiert sich für sein Gegenüber, dessen Probleme und Bedürfnisse“, erklärt Katja Kaiser. „Man ärgert sich nicht mehr ständig und ist viel freier.“
Das klingt dem einen oder anderen vielleicht zu esoterisch, ist es aber eigentlich gar nicht. „Man hinterfragt, warum man selbst oder sein Gegenüber sich gerade ärgern. Welches Bedürfnis steht dahinter, wie kann ich das Bedürfnis wieder erfüllen – es geht nicht um Kompromisse, sondern darum, die Bedürfnisse zu erkennen“, erklärt sie.
Eigentlich ist Katja Kaiser Pflegeberaterin. „Da habe ich viel mit Senioren und ihren Familien zu tun und natürlich gibt es da auch oft Konflikte.“ Dort kam sie 2008 erstmals mit dem Konzept der Gewaltfreien Kommunikation in Kontakt. „Das habe ich dann aber zunächst liegen gelassen und mich erst später wieder damit beschäftigt und gemerkt: Das ist eine tolle Haltung!“
Diese Haltung kann man lernen. Es gibt zum Beispiel an der Volkshochschule regelmäßig Kurse, die das Konzept vermitteln und trainieren. Solche Kurse hat Katja Kaiser auch belegt und wurde zur Botschafterin der Gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg. „Und dann dachte ich: Unser Stadtteil braucht ein Streitmobil!“, sagt sie lachend. „Obwohl, eigentlich ist es eher ein Friedensmobil, aber das klingt dann eher langweilig.“
Streitmobil für alle Probleme
Sie reichte das Konzept beim Bezirksamt Altona ein und bekam die Zusage für Fördermittel. Seit über zwei Jahren ist sie mit ihrem weißen Streitmobil nun unterwegs, ehrenamtlich und neben ihrem Job. Dreimal pro Woche kann man ihre Hilfe am Streitmobil in Anspruch nehmen: montags von 17 bis 19 Uhr im Bahrenpark, mittwochs zwischen 10 und 12 Uhr am Flottbeker Markt und sonntags von 14 bis 16 Uhr am Eingang des Volksparks. Und ja, am Streitmobil, nicht im: „Als ich anfing, ging auch Corona los und dann hab ich die Gespräche kurzerhand auf Stühle vor dem Wagen verlegt“, erklärt Katja Kaiser.
Ich bin für jeden da und verurteile niemanden – dafür ist das Streitmobil nicht da. Ich möchte Menschen verbinden.
Corona war und ist ein Thema, mit dem viele zu ihr kommen: Sei es der Nachbar, den man plötzlich viel öfter laut hört, der Partner, der einen im Homeoffice nervt, oder auch der Ärger über andere Ansichten zur Impfthematik. „Es kommen die verschiedensten Leute zu mir: kleine Kinder, Senioren, Wohnungslose und Unternehmer“, erzählt sie.
Meist kommt nur eine Person, aber das reicht völlig aus: „Wenn eine Person sich nicht mehr ärgert und bereit ist, auch die Bedürfnisse der anderen Person zu achten, hilft das meist schon“, erklärt sie. Die „Sitzungen“ laufen immer unterschiedlich ab: „Manchmal höre ich einfach nur zehn Minuten zu und das reicht schon. Manchmal reden wir eine Stunde und ich schaffe Verständnis für die andere Sichtweise. Manchmal geht es schon fast ins Therapeutische, dann verweise ich aber auf passendere Anlaufstellen“, sagt Katja Kaiser. „Ich möchte zuhören, schlichten, vernetzen und die Menschen einander näherbringen.“
Gewaltfreie Kommunikation
ist ein Konzept, das von Marshall B. Rosenberg entwickelt wurde. Der US-amerikanische Psychologe ist international als Mediator tätig. Aktives Zuhören, Empathie und gegenseitige Rücksicht auf Bedürfnisse und Gefühle sind zentrale Punkte.
Buchtipps von Katja Kaiser:
Marshall B. Rosenberg:
- „Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens“
-
„Die Sprache des Friedens sprechen – in einer konfliktreichen Welt“