1. Februar 2024
Gesellschaft

Weibliche Genitalverstümmelung: Mit Bildung zum Umdenken

Weibliche Genitalverstümmelung (F.G.M.) ist in einigen Kulturen noch weit verbreitet – ebenso das Verheiraten junger Mädchen. Das will Fatuma Nabosu ändern. Durch Aufklärung und Bildung, hier sowie vor Ort in Kenia.

Schule in Nord-Kenia zur Aufklärung gegen Genitalverstümmelung

Unterricht statt Arbeit im Viehbetrieb: Rund 100 Kinder in Nord-Kenia haben die Möglichkeit bekommen, in die Schule zu gehen.

„Ich wurde mit sechs Jahren selber beschnitten. Mit einer scharfen Rasierklinge an der Klitoris“, erzählt Fatuma Nabosu. „Ich hab sehr viel Blut verloren, zwei Monate dauerten die Schmerzen und die Blutung an. An den Schmerz erinnere ich mich präsenter, als an den von der Geburt.“ Und auch die lief nicht ohne Komplikationen ab, eben wegen der früheren Genitalverstümmelung und dem laienhaften Zunähen. „Ich habe erst später verstanden, was da passiert ist, dass das falsch ist und nicht unterstützt werden darf“, erzählt sie. Und um das zu erreichen, engagiert sie sich von Hamburg aus.

Engagement gegen Genitalverstümmelung

Angefangen hat ihr Engagement bereits in ihrer Heimat vor Ort. Fatuma Nabosu ist in Marsabit County in den nördlichen Landesteilen Kenias geboren und wurde am Ufer des Turkana-Sees im Dorf Loiyangalani von ihren Eltern der Volksgruppe Rendille erzogen. „Ich liebe meine Mitmenschen dort und meine Kultur sehr“, stellt sie klar. „Aber das bedeutet nicht, dass ich mit allen Aspekten einverstanden bin.“ Also begann sie mit Aufklärungsarbeit und damit, Kinder in die Schulen zu bringen.

Ich liebe meine Kultur, bin aber mit einigen Aspekten nicht einverstanden. Deswegen tue ich alles, was in meiner Macht steht, um an­dere aufzuklären und zu schützen.

Auch in Hamburg wollte sie damit nicht aufhören: „Ich hatte das Gefühl, einen großen Stapel Verantwortung und Arbeit einfach dort gelassen zu haben und habe mich gefragt, was ich tun kann.“ 2016 wurde Fatuma Nabosu zur Miss Kenya Germany gewählt. „Dadurch konnte ich zahlreiche Kontakte knüpfen zu Leuten, die ebenfalls helfen wollten“, sagt sie.

Aufklärung und Bildung als Schlüssel

2018 gründeten sie und ihr Mann Dieter Hanke schließlich offiziell den Verein Gargar Charity. Noch tragen die beiden den Großteil der Arbeit, aber der Verein wächst kontinuierlich. „Es geht viel Zeit dafür drauf, bei meiner Frau noch mehr als bei mir“, sagt Hanke. „Sie ist jedes Jahr mindestens einmal vor Ort und organisiert auch von hier alles, was anfällt und das neben ihrer Ausbildung zur Pflegekraft.“

Aber was macht der Verein eigentlich genau? Das erste große Projekt läuft seit 2021. Eine Schule in Marsabit County wurde gebaut, drei Klassen werden dort von drei Lehrkräften unterrichtet. „Es fehlt noch einiges an Ausstattung. Aber der Unterricht läuft, die Kinder werden verpflegt und müssen nicht mehr eine Stunde durch die Wüste zur nächsten Schule gehen oder arbeiten“, sagt Fatuma Nabosu.

Warum eine Schule, wenn man weibliche Genitalverstümmelung verhindern möchte? Eigentlich naheliegend: „Wir wollen einen kulturellen Wandel erreichen. Das braucht Zeit und Aufklärung“, erklärt sie. So wird an der Schule, wie hier in Deutschland, bereits in der vierten Klasse Sexualkunde unterrichtet – das ist dort einzigartig. Auch die Eltern werden mit einbezogen und aufgeklärt, viele von ihnen hatten selber nicht die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen. In Seminaren lernen sie die Folgen der Beschneidung kennen.

Weitere Projekte sind geplant: ein Mädchenschutzhaus in Nord-Kenia, um Mädchen, denen eine Genitalverstümmelung, eine Frühverheiratung oder Kinderarbeit droht, eine Zuflucht zu bieten. Ein Großteil ist spendenfinanziert, unter anderem durch Zusammenarbeit mit dem Bunten Haus oder der Kirchengemeinde Blankenese. Vor Ort beteiligt die Regierung sich an der Verpflegung der Schülerinnen und Schüler, eine kenianische NGO baut Unterkünfte für die Lehrkräfte. Auch Patenschaften, um die Unterbringung von Mädchen im Schutzhaus zu gewährleisten, sind in Planung. „Ich habe noch viele Ideen, um meinem Ziel, F.G.M. zu beenden, näher zu kommen“, sagt Fatuma Nabosu.

Gargar Charity e. V.

Der gemeinnützige Verein wurde von Fatuma Nabosu und ihrem Mann Dieter Hanke ins Leben gerufen, um auf das Thema Genitalverstümmelungen bei Frauen aufmerksam zu machen und zu bekämpfen. Er hat das Ziel, Frauen und Mädchen in Kenia, aber auch hier in Deutschland zu beraten, zu begleiten und in ihrer Entwicklung zu unterstützen.
Der Verein befindet sich noch im Aufbau, sowohl Zeit- als auch Geldspenden sind willkommen.
Spendenkonto:
GARGAR CHARITY e. V.
Postbank Hamburg
IBAN: DE 04 1001 0010 0929 0591 08

Auch interessant