Die Folgen der Pandemie sind spürbar. Wenn man durch Straßen voller Restaurants und Kneipen schlendert, fällt auf, dass der ein oder andere Laden geschlossen ist. Bei manchen hat der Betreiber gewechselt, bei einigen hängt ein Schild im Fenster: „Mitarbeiter*innen gesucht“. Die Gastronomie steckt in der Krise.
Beziehungsweise schlittert von einer in die nächste. Das Niveau von vor Corona ist noch nicht erreicht: „Die Gastronomiebetriebe Hamburgs generieren deutlich geringere Umsätze als vor der Pandemie. 2021 sanken die Umsätze verglichen mit denen des Jahres 2019 um 37,6 Prozent“, so das Statistikamt Nord.
Personalmangel, Inflation, Energiekrise
Auch die Zahl der Beschäftigten in der Gastronomie sank um fast 15 Prozent, Personal wird dringend gesucht. „Es ist unglaublich schwer, gutes Personal zu finden und zu halten“, sagt Patrick Hoppe. Ihm gehört das Restaurant Hoppe’s am Museumshafen Övelgönne.
Auch die Inflation macht ihm zu schaffen, die teureren Lebensmittelpreise schlagen sich – wie bei mittlerweile vielen Restaurants – zumindest zum Teil in den Preisen nieder. Bis Jahresende ist der Gastronom was Energiepreise angeht noch abgesichert, „dann läuft der Vertrag aus und man muss weiterschauen.“
Personalmangel und Inflation haben wir schon. Lebensmittel sind über 50 Prozent teurer geworden. Wenn jetzt die Energiekosten weiter steigen, wird es noch schwerer.
Sein Restaurant bleibt in den Wintermonaten unter der Woche geschlossen. Das hat einerseits persönliche Gründe, aber mit einer Gasheizung und einem stark wetterabhängigen Betrieb ist es auch sinnvoll und energiesparend, nicht jeden Tag zu öffnen.
Wie kommt die Gastronomie aus der Krise?
Wie könnte man den Gastronominnen und Gastronomen unter die Arme greifen und ein Ladensterben in größerem Ausmaß verhindern? Tim Mälzer hat gegenüber dem Abendblatt erst kürzlich die Forderung erhoben, die steigenden Energiekosten zu deckeln und 75 Prozent davon zu übernehmen.
Niklaus Kaiser von Rosenburg, Vizepräsident des Dehoga Hamburg, sagt ganz klar: „Wir brauchen Hilfe, wir brauchen sie jetzt und wir brauchen Planbarkeit.“ Energiesparen könne jeder Betrieb nach individuellen Gegebenheiten, wie Patrick Hoppe würden aber einige dazu übergehen, nicht jeden Tag oder nicht alle Räume zu öffnen. „Wir sind offiziell nicht als energieintensive Branche eingestuft, das macht es uns schwer“, so der Vizepräsident. Und auch die Unsicherheit in der Bevölkerung mache den Betrieben zu schaffen: „Viele warten ab, was passiert. In der jetzigen Situation und mit dem Personalmangel ist es aber schwer, kurzfristig zu reagieren und eine Weihnachtsfeier zu realisieren.“
Wird die Energiekrise zur Bierkrise?
Auch das Bier ist in Gefahr. Rohstoffe wie Getreide und Malz werden teurer, Kohlensäure wird knapp. Und auch die Preise für Glasflaschen steigen – sie haben sich bereits verdoppelt – denn für ihre Produktion braucht es eine ganze Menge Gas. Ein Ergebnis, das wir alle direkt mitbekommen: Bier wird teurer. Die großen Brauereien wie Krombacher, Veltins und die Radeberger Gruppe hatten die Preise schon zum Frühjahr angehoben, mittlerweile mussten auch viele kleine Brauereien nachziehen.
„Wir müssen in der Krise teurer werden und Ihr müsst in der Krise sparen. Das passt natürlich nicht zusammen und daher müssen wir akzeptieren und darauf reagieren, dass wir in den nächsten Monaten oder Jahren wohl weniger Bier verkaufen werden“, heißt es in einem Statement von Sascha Bruns, Inhaber und Chefbrauer der Landgang Brauerei.
Reagieren bedeutet in dem Fall nicht nur, Preise zu erhöhen, sondern Teile des Betriebs einzustellen, weniger Bier zu brauen und sechs Mitarbeitende zu entlassen. Denn statt 5.000 Hektoliter Umsatz im Vorjahr, werden es dieses Jahr nur 3.500 bis 4.000. Aber: „Die Einbußen sind besonders im Einzelhandel – der Verkauf an die Gastronomie funktioniert super.“
Alles wird teurer
Gaspreise sind weiterhin hoch: Neukunden zahlen laut des Vergleichsportals Verivox durchschnittlich 22,2 Cent pro Kilowattstunde – deutlich weniger als die rund 40 Cent Anfang September, aber fast doppelt so viel wie im Vorjahr.
Auch die Strompreise sind auf Rekordniveau, knapp 52 Cent kostet eine Kilowattstunde – rund 38 Prozent mehr als im Vorjahr. Dazu werden Lebensmittel teurer und zwar eigentlich alle – im Schnitt fast 50 Prozent.