26. November 2021
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Es ist vielversprechend

Dr. Christine Dahlke ist Impfstoff-Forscherin. Sie entwickelt am UKE einen Impfstoff, der für Kinder und ältere Menschen infrage kommen könnte. Im Interview spricht sie über Vor- und Nachteile der Technologien.

Dr. Christine Dahlke arbeitet an einem Impfstoff gegen Corona; Foto: ©Inga Seevers

Dr. Christine Dahlke; Foto: ©Inga Seevers

*Das Interview wurde am 11. November geführt. Zu diesem Zeitpunkt lagen noch keine Daten zur Omicron-Variante des SARS-CoV-2-Virus‘ vor. Die Antworten zum Thema Booster-Impfung und Impfstoff entsprechen dem Wissensstand vor Verbreitung der Omicron-Variante.*

Frau Dr. Dahlke, Sie arbeiten an einem Impfstoff gegen Corona. Wie sieht ihr Arbeitstag zurzeit aus?
Seit anderthalb Jahren sind wir fast nur noch im Labor und haben wenig Ruhepausen. Ich muss zugeben, dass ich gerade sehr müde bin. Die Tage laufen total unterschiedlich ab. Zum einen müssen wir die Dokumente für das Paul Ehrlich Institut einreichen und die Studien planen. Hier findet eine enge Zusammenarbeit mit dem Studienzentrum CTC North statt. Da wir Phase I Studien durchführen interessieren wir uns sehr dafür, was genau nach der Impfung passiert: welche Nebenwirkungen treten auf und wie reagiert das Immunsystem auf die Impfung. Hierfür nehmen wir sehr regelmäßig etwas Blut von den Probanden ab und führen Experimente durch, um die Immunantwort genau zu verstehen. Zusätzlich führen die Probanden ein detailliertes Tagebuch über ihre möglichen Nebenwirkungen.

Können Sie da etwas ins Detail gehen?
Ein Teil unserer Forschung befasst sich mit dem angeborenen Immunsystem. Gleich an Tag eins und drei nach der Impfung schauen wir, wie das Immunsystem reagiert. Werden zum Beispiel besondere Signalmoleküle ausgeschüttet, oder sind Immunzellen besonders aktiviert. Dann versuchen wir daraus Schlüsse zu ziehen – beispielsweise ob wir schon an Tag eins vorhersagen können ob eine Person gute Antikörper-Antworten hat oder gute T-Zell-Antworten. So verstehen wir besser, was ein Mensch benötigt, um auf den Impfstoff eine gute Immunreaktion zu haben.

Unterschiede bei der Impfung von Männern und Frauen

Sie haben in einem früheren Interview gesagt, dass Frauen bei manchen Impfungen eine stärkere Immunantwort aufweisen, etwa bei einer Grippeimpfung. So würde in manchen Fällen schon die Hälfte der Impfdosis ausreichen. Wissen Sie schon, woran das liegt?
Es gibt mehrere Faktoren, wie z.B. das zweite X-Chromosom und die Sexualhormone. Viele wichtige Informationen für das Immunsystem sind auf dem X-Chromosom gespeichert – von dem Frauen zwei haben. Zusätzlich haben Sexualhormone wie Östrogen und Testosteron einen großen Einfluss auf die Immunabwehr. Während Östrogen die Immunantwort beschleunigen kann, wirkt Testosteron häufig eher hemmend. Bei Frauen kann das Immunsystem daher bereits auf einem höheren Level aktiv sein und kann so besser antworten. Leider ist es auch Impfstoff abhängig. Man muss es also für jeden Impfstoff neu betrachten.

Sind die Impfdosen für Männer und Frauen trotz der Unterschiede gleich?
Bislang ja, aber das Bewusstsein für die Unterschiede wächst und es wird immer mehr darauf geachtet. Aber zrziet gibt es noch zu wenig Daten um hier wirklich Impfstoffdosen anzupassen.

Ihre Arbeit zeigt aber bereits, wie unterschiedlich Männer und Frauen reagieren und auch, wie unterschiedlich sie behandelt werden könnten, also in Bezug auf die Impfdosen. Könnte es auch gefährlich sein, Männer und Frauen gleich zu behandeln?
Jein. Es wird in der Regel nicht tödlich enden. Aber man hat bereits beim Astra Zeneca-Impfstoff und auch Biontech beobachten können, dass es wichtige Unterschiede gibt. Da müssen wir natürlich beobachten, woran das liegt und wie wir es umgehen können. Hier benötigen wir noch viel mehr Forschung am Menschen und große Studien. Wir müssen jetzt in die sogenannte Translationale Forschung. Hier wird Blut analysiert. Das ist sehr aufwendig und kostet sehr viele Forschungsgelder. Vieles wird im Tierversuch erforscht aber man kann es nicht immer eins zu eins übertragen. Eigentlich müsste mehr menschliches Blut untersucht werden. Wir brauchen also mehr Menschen, die in Studien mitmachen und uns ihr Blut für die Forschung spenden. Die Probanden, die zu uns kommen, sind sehr wertvoll für uns. So können wir sehen, was passiert eigentlich nach der Impfung.

Was passiert bei einer Impfung?

Viele Menschen scheinen nicht zu wissen, was eine Impfung eigentlich tut. Das trägt zur Verunsicherung bei.
Es kommt natürlich immer auf den Impfstoff an. Die traditionellen Impfstoffe von früher funktionierten so, dass man das Virus inaktiviert hat und verabreicht hat. Das inaktivierte Virus kann sich in der Regel nicht vermehren und somit nicht krank machen. Der Körper lernt dann das Virus mit allen Virusbestandteilen kennen und produziert Antikörper und T-Zellen. Falls dann das richtige Virus kommt, dass sich vermehren kann, ist der Körper trainiert und kann sich wehren. Es gibt ein paar Schwachstellen bei den traditionellen Impfstoffen. Die Entwicklung dauert relativ lange und sie brauchen Adjuvantien, sogenannte Wirkverstärker. Daher kam es auch in der Geschichte der Impfstoffe irgendwann zum Zeitpunkt, die Impfstoffentwicklung zu verbessern.

Deshalb gibt es jetzt diese verschiedenen Impfstoff-Plattformen, wie zum Beispiel die mRNA-Impfstoffe und die Vektor-Impfstoffe. Diese nutzen nur noch das Gen eines Proteins – bei SARS-CoV-2 zB das Spikeproteins (ein Teil der Virushülle, Anm. d. Redaktion). Wir wissen aus der Coronaforschung, dass das Spikeprotein wichtig für das Virus ist, unsere Zellen zu infizieren. Wenn der Körper nun das Spikeprotein schon „gesehen“ hat und Antikörper gegen das Spike produziert hat, ist der Körper bereit, das Virus abzuwehren. Antikörper binden sich an die Spikeproteine vom Virus und das Virus hat dann keine Möglichkeit die Zelle zu infizieren. Das Immunsystem wird also kurz trainiert, es werden Immunzellen gegen das Spike gebildet und danach werden die Impfstoffe auch abgebaut. Das Immungedächtnis für das Spike bleibt aber.

Was ist der Unterschied zwischen einem Vektor- und einem mRNA-Impfstoff? Viele Menschen denken noch, dass dort Gene verabreicht würden. Das ist aber nicht so, oder?
Nein, das ist nicht so. Fangen wir mal beim mRNA-Impfstoff an. In der Zelle gibt es einen Zellkern, der unser Erbgut enthält, die DNA. Jede Zelle muss Proteine herstellen. Dafür braucht die Zelle die Boten-RNAs. Das ist dann wie eine Kopie der DNA. Die RNA geht in die Zelle und die Proteine werden hergestellt. Der mRNA-Impfstoff nutzt diese Idee der Zelle. Es wird also ein „Bauplan“ für ein Protein fertiggestellt, dieser Bauplan wird in den Muskel gespritzt, er geht in die Zelle und er produziert wie alle anderen zellulären RNA-Moleküle ein Protein. Jetzt ist es aber das virale Protein. Und das erkennt der Körper und begreift, dass etwas Fremdes in ihm ist und er Antikörper oder T-Zellen herstellen muss.

Das Immunsystem wird stimuliert und es entstehen Gedächtniszellen (für spätere Angriffe des Virus‘, Anm. d. Redaktion). Wir haben in unseren Zellen sowieso RNA, nur ist es in diesem Fall halt eine, die dieses Spikeprotein herstellt. Das ist nicht gefährlich und die RNA wird wie jede andere nach einigen Stunden abgebaut. Es ist wirklich eine tolle neue Technologie. Bei den Vektor-Impfstoffen ist es so, dass man ein bekanntes, ganz harmloses Virus verwendet, das unser Körper auch schon mal gesehen hat, wie das Adenovirus. Wir wissen, das kann keinen Schaden anrichten und es vermehrt sich auch nicht. Aber es wird sozusagen als „Taxi“ benutzt. In dieses Taxi setzen wir den Bauplan für das Spikeprotein. Das Taxi „fährt“ in die Zelle und produziert dort die RNA, die wiederum das Protein produziert. Der Körper erkennt wieder das Fremde und reagiert. Der Vektor hat den Vorteil, dass das Immunsystem schon alleine durch den Vektor angeregt wird und eine breite Immunantwort hervorruft.

Wo liegen die Vorteile bei Ihrem Impfstoff?

Ihr Impfstoffkandidat gegen Corona ist auch Vektor basiert. Wo sehen Sie die Vorteile ihres Impfstoffes?
Der Vorteil ist, dass der Vektor an sich keine Wirkverstärker braucht, weil er das Immunsystem schon so sehr breit anregt. Er ahmt eine Virusinfektion nach, so dass Antikörper und T-Zellen hergestellt werden. Und das ist eben wichtig, besonders bei dem Coronavirus. Denn hier sehen wir, dass die Antikörper nach gewisser Zeit doch wieder sinken und nicht mehr vor der Infektion schützen. Da brauchen wir ein weiteres Werkzeug des Immunsystems, eben die T-Zellen. Und die können infizierte Zellen erkennen und das Virus sowohl erkennen als auch abtöten. Das können andere traditionellen Impfstoffe nicht gut, oder sie benötigen die Wirkverstärker. Ein weiterer Vorteil ist auch die gute Verträglichkeit, die wir bisher bei unseren Studien beobachtet haben.

Was eine T-Zelle tut, das haben Sie uns schon verraten. Aber was macht eigentlich ein Antikörper.
Der macht ganz viel. Das wichtigste am Antikörper ist, dass er ein Virus neutralisieren kann. Deshalb überprüfen auch viele Messungen, wie viele neutralisierende Antikörper im Körper sind. Man konnte nachweisen, dass, je höher das neutralisierende Antikörperlevel ist, desto besser sind die Personen vor der Infektion geschützt. Der Antikörper erkennt das Spikeprotein auf dem Virus und bindet es, so dass es nicht mehr in die Zelle gelangen kann. Wenn wir mit der Zeit weniger neutralisierende Antikörper haben, dann ermöglicht das dem Virus, in die Zelle zu gelangen. Wir haben das bei der Deltavariante gesehen. Wenn es das Virus erstmal geschafft hat, in die Zelle zu gelangen, dann repliziert es sehr schnell und es ist dann schwierig für die Antikörper, dagegen anzugehen. Deshalb brauchen wir dann wieder T-Zellen, damit wir keine schweren Krankheitsverläufe haben.

Sie forschen bereits seit einiger Zeit am Impfstoff und es gab Rückschläge. Am 8. Januar wurde öffentlich, dass Ihr Impfstoffkandidat die Erwartungen nicht erfüllt. Woran lag es und wie ging es dann weiter?
Es gab verschiedene Überlegungen und ein wichtiger Grund war wohl, dass wir das natürliche Oberflächenprotein des Virus verwendet haben.

Also einen unveränderten Teil der Virushülle.
Ja. Wir haben zwar Antikörper bei den Geimpften gesehen, aber die Messungen zeigten uns, dass die Antworten wahrscheinlich zu gering sind um einen Schutz hervorzurufen. Also gingen wird zurück und veränderten den Impfstoff. Das ging dann auch schnell. Wir haben das Spikeprotein so verändert, dass es stabil ist. Daher wird es dem Immunsystem länger gezeigt und es können sich besser Antikörper binden. Da sind wir gerade in der ersten Studie und suchen noch Probanden. Es ist ziemlich schwierig, noch Teilnehmer zu finden, die noch keine Corona-Impfung erhalten haben. Derzeit planen wir auch, unseren Impfstoff als Boost-Impfstoff zu testen, mit Menschen die den Biontech-Impfstoff erhalten haben. Das ist unser nächster Schritt.

Was kann Ihr Impfstoff bewirken?

Derzeit sind in Deutschland vier Impfstoffe verfügbar – zwei auf mRNA-Basis und zwei auf Vektorbasis. Sanofi hat die Forschung mit seinem mRNA-Impfstoff bereits eingestellt, weil die Konkurrenz zu groß sei. Warum forschen Sie weiter? Was kann ihr Impfstoff noch bewirken?
Zum einen geht es immer um die Plattform. Wir wollen unseren Vektorimpfstoff immer besser verstehen, ihn verbessern und für die nächste Pandemie zu lernen. Unser Impfstoff hat einige Vorteile: Wir benutzen den Vektor des Pockenimpfstoffes, der bereits sehr viel verabreicht wurde. Wir haben viele Sicherheitsdaten dazu. Der Impfstoff ist sehr gut verträglich, das hat sich bereits gezeigt. Daher denken wir, dass es ein guter Impfstoff ist, besonders für Ältere und eventuell auch für Kinder. Eben weil er gut verträglich ist, weil es so viele Sicherheitsdaten gibt und weil die Immunantwort so breit ist.

Wann wird Ihr Impfstoff verfügbar sein?
Das ist die Frage. Ich kann mir vorstellen, dass es kein Impfstoff für die Erstimpfung sein wird, sondern dass es eventuell eher ein Boost-Impfstoff sein könnte. Dann hängt es von vielen Dingen ab und man kann es nicht vorhersehen. Unsere Hoffnung ist es zunächst, dass er im nächsten Jahr an mehreren Menschen getestet wird.

Impfstoffforschng am UKE
Impfstoffforschung am UKE – Dr. Christine Dahlke arbeitet an einem Impfstoff gegen Corona; Foto: M.Addo

Sie sagten, dass Ihr Impfstoff auch für Kinder gut verträglich sein könnte. Da dann auch nur als Boosterimpfung?
Ich denke schon. Aber das steht noch sehr weit in den Sternen. Weil Kinderimpfungen immer etwas ganz Besonderes sind. Da brauchen wir sehr viele Daten. Wir müssen zuerst zeigen, dass unser Impfstoff für Erwachsene sicher und effizient ist. Erst dann können wir den nächsten Schritt gehen und sehen, ob der Impfstoff in Kindern verträglich ist. Aber wir wollen auch keinen Schnellschuss und Risiken eingehen. Deshalb nehmen wir uns Zeit.

Sehr beruhigend. Als es hieß, die Zulassungsverfahren würden abgekürzt, dachte ich kurz „so geht die Zombi-Apokalypse los„.
(lacht) Nein, so war es nicht. Es gab viele regulatorische Dinge und in der Produktion, die abgekürzt wurden. Aber die Sicherheit wurde immer gewahrt.

Derzeit kommt es vermehrt zu Impfdurchbrüchen, auch beim Personal an Kitas und Schulen. Hat sich der Impfschutz schon abgebaut oder sind die Mutationen der Grund hierfür?
Zum einen kommt das daher, dass ein Impfstoff nicht zu 100 Prozent schützen kann. Aber es kommt auch daher, dass nach einer gewissen Zeit die neutralisierenden Antikörper etwas sinken. Wenn dann die Delta-Variante dazu kommt, kann es eben Impfdurchbrüche geben. Aber die Zahlen sind sehr gering. In Hamburg sind es derzeit (Stand 11.11.) 0,2 Prozent. Man hört von den Impfdurchbrüchen und es hört sich immer dramatisch viel an, aber es sind nicht wirklich viele. Und die Betroffenen haben weniger Symptome. Das Problem besteht eher für die älteren oder immungeschwächten Menschen. Auf die müssen wir jetzt wirklich gucken. Diese Menschen sollten schnell eine Boosterimpfung bekommen.

Die Impfung für Kinder

Wie sinnvoll ist die Impfung für Kinder?
Schwieriges Thema. Selbst Kinderärzte sind sehr getrennter Meinung. Man muss immer beachten, wie der Vorteil für das Kind aussieht. Die Stiko (Ständige Impfkommission) hat letztlich gesagt, dass es einen Vorteil für Kinder gibt. Zwar ist das Risiko recht gering, dass Kinder schwer an Covid-19 erkranken, aber es gibt eben diese schweren Fälle. Das Risiko, dass Kinder schwere Nebenwirkungen bei den Impfungen haben ist auch sehr gering. Wir sehen daher einen Nutzen in der Impfung. Deshalb wird jetzt die Möglichkeit für eine Kinderimpfung geschaffen. Man muss eben gut aufklären und es sich bewusst machen, dass es Nebenwirkungen geben kann – etwa Fieber nach der zweiten Impfung. Aber die Datenlage zeigt schon ein sehr positives Bild.

In den USA wurden bei Kindern Fälle des Kawasaki-Syndroms als Folge einer Corona-Infektion beobachtet. Bei diesem Syndrom handelt es sich um Entzündungen im ganzen Körper, die sämtliche Organe befallen können. Das ist jetzt nur ein Beispiel, aber der Vorteil der Impfung im Vergleich zum Nachteil bei einer Erkrankung müsste die Entscheidung doch eigentlich ziemlich einfach machen.
Man muss es gut abwägen und die Entscheidung gemeinsam mit den Kindern treffen. Je nach Alter. Ich denke, dass das Risiko einer Impfung sehr gering ist und dass es daher ein gutes und sehr sinnvolles Werkzeug ist.

Wann kommt der Impfstoff für Kinder?

Wann denken Sie, wir ein Impfstoff für Kinder zugelassen und was für einer wird es sein?
Es sieht so aus, dass es Biontech wird. Dort sind Studien unterwegs und die EMA begutachtet die Daten. Die Analysen zeigen, dass die Daten für fünf- bis elf-Jährige gut aussehen. Ich denke schon, dass es bis Ende des Jahres eine Zulassung gibt. Bis 10 Mikrogramm, also mit einer geringeren Dosis (Erwachsene haben 30 µg).

Die Partei die Basis hat die Theorie aufgebracht, dass die Politik Druck auf die Stiko auswirke und so eine verfrühte Zulassung erstritten werden kann. Geht das? Kann die Politik die Stiko derart beeinflussen?
Nein. Die Stiko ist gewappnet gegen Einflussnahme. Besonders die Stiko sagt, wenn es Risiken gibt, wenn es einen Impfschaden gibt, nimmt das Einfluss auf das gesamte Impfgeschehen. Deswegen versucht man sehr genau zu gucken, ob es Probleme gibt. Ansonsten würde auch die Skepsis bei anderen Impfungen wie bei Masern wieder zunehmen.

Durch den Fußballer Joshua Kimmich ist der Begriff des Totimpfstoffes in den Fokus gerückt. Bei Totimpfstoffen wird ein abgetöteter Erreger als Grundstoff zur Impfung benutzt. Kimmich argumentiert, dass diese Art Impfstoff, etwa durch die Grippeimpfung, besser erforscht sei. Aber wird es sich nicht trotzdem um einen neuen Impfstoff handeln, wenn man das Prinzip jetzt auf Corona überträgt?
Genau. Ich war auch etwas überrascht. Es ist ein neuer Impfstoff und man kann ihn nicht mit anderen vergleichen. Und er benötigt Wirkverstärker. Da muss man sehr genau betrachten, wie sie kombiniert werden können und wie die Nebenwirkungen aussehen. Das wird momentan in Großbritannien bei einem Impfstoffkandidaten ausgewertet. Da sieht es schon ganz gut aus. Die Nebenwirkungen sind gering. Ob der Impfstoff effizient vor Infektion schützt, konnte noch nicht bewiesen werden. Die Daten sind vielversprechend. Aber es müssen noch größere Studien durchgeführt werden. Bis der Impfstoff dann zur Verfügung steht, haben wir den Winter dann auch hinter uns. Aber die EU hat den Impfstoff schon vorbestellt.

Kann es Spätfolgen geben?

Manche Impfskeptiker fürchten auch Langzeit- oder Spätfolgen. Aber wie sie schon angedeutet haben, baut sich der Impfstoff sehr schnell im Körper ab. Kann es also Spät- oder Langzeitfolgen geben, also neben dem Schutz vor der Krankheit?
Viele denken, Langzeitfolgen könnten zum Beispiel nach zwei Jahren auftreten. Aber das hat bisher noch kein Impfstoff gezeigt. Nebenwirkungen zeigen sich nach wenigen Stunden, Tagen oder Wochen. Bei der Impfstoffentwicklung schaut man sehr genau auf die ersten zwei Monate nach der Impfstoffgabe. Es gibt keinen Impfstoff der danach noch eine Nebenwirkung hervorgerufen hat. Aber es kann natürlich sein, dass man bei einem Impfstoff eine Nebenwirkung hat, die länger anhält. Beim Grippe-Impfstoff Pandemrix etwa, der mit Nacolepsi (Schlafkrankheit, Anm. d. Redaktion) in Verbindung gebracht wird. Aber auch das ist kurz nach der Gabe aufgetreten. Das sehen wir bei den neuen Impfstoffen nicht. Sie wurden erst zugelassen, nachdem viele Menschen sie erhalten hatten und diese acht Wochen vorüber wäre. Erst dann wurden die Daten der EMA (Europäische Arzneimittel-Agentur) gegeben, die auch weiterhin Daten aufnimmt und analysiert.

Eine Impfung kann also das Erbgut oder die Fruchtbarkeit nicht verändern?
Auf keinen Fall.  Das Argument wird regelmäßig, auch bei vielen anderen Impfstoffen, genutzt. Wenn Ängste erstmal da sind, kann man es schwer aus den Köpfen rauskriegen. Dafür braucht man wieder Studien mit vielen Teilnehmern und daran hapert es dann leider.  Wir haben übrigens schon viele geimpfte Frauen gesehen, die schwanger geworden sind.

Wir danken ihnen für das Gespräch.

www.uke.de | www.dzif.de/de

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